Samstag, 27. September 2025

Was ein Bürger rät

Demokratie direkt

Must read

Verwaltung zum Anfassen

Einfach mal selbst machen

Stadt als Labor

Scarlett Lüsser
Scarlett Lüsser
Scarlett Lüsser ist Teil der Online-Redaktion und kümmert sich auch um Social Media und Podcasts. In ihrer Freizeit spielt sie gerne alle Arten von Gesellschaftsspielen.

Politiker*innen werden vom Volk demokratisch in verschiedene Ämter gewählt um dort die Meinung der Bevölkerung abzubilden und zu vertreten. Nach bestem Wissen und Gewissen versuchen sie dann, Entscheidungen nach dem Willen der Wählerschaft zu treffen – was nicht immer einfach ist. In manchen Fällen holen sich die Entscheider*innen dann eine Meinung direkt aus dem Volk: mittels Bürgerräten.

Eigentlich naheliegend, gerade wenn es um schwierige Kompromisse oder die Einschränkungen von Freiheiten geht. Trotzdem sind Bürgerräte nicht flächendeckend bekannt.

Wie funktioniert das?

Zunächst wird ein Thema festgelegt, über das beraten werden soll. Dann werden mittels Losverfahren zufällig Menschen aus den verschiedensten Personenkreisen ausgesucht. Dabei kann jeder ausgelost werden, egal welchen Alters (in der Regel ab 18 Jahren), ob aus sozial starken und sozial schwachen Bereichen und aus jeder Berufsrichtung. Diese Menschen kommen dann zusammen, werden von Expert*innen über das gewählte Thema aufgeklärt und sollen in kleinen Gruppen darüber diskutieren und Fragen und Ideen formuliert. Am Ende wird daraus in einer gemeinsamen Diskussion eine Handlungsempfehlung gebildet, die an die Entscheidungsebene weitergereicht wird.

Wo und warum?

Ob auf Bundesebene, im Landkreis oder in der Kommune, solche Räte kann es in jeder Größenordnung geben. Wenn der Bund dazu aufruft, werden Menschen aus ganz Deutschland berücksichtigt, auf lokaler Ebene natürlich auch nur der dazugehörige Einwohner*innenkreis. Es wird genutzt, um ein unverfälschtes Meinungsbild aus der Bevölkerung einzuholen – ohne Lobbyeinfluss, ohne Expertengremien. Zudem wird durch die Einbindung möglichst aller betroffenen Personengruppen das Vertrauen in die Demokratie gestärkt und ein besseres Verständnis für das Thema und den Vorgang der demokratischen Entscheidung aufgebaut. Die größere Transparenz spiegelt sich dabei auch nach außen wider, denn auch nicht ausgewählte Personen können sich leichter über die Ergebnisse informieren oder werden von Teilnehmenden darüber aufgeklärt. Ein weiterer positiver Effekt: Das direkte Aufeinandertreffen verschiedener Meinung führt zu einem höflicheren Umgang. Durch Faktenbasis und Moderation bleibt die Diskussion, anders als im Netz, sachlicher und wird weniger durch Hass und Hetze oder Trolle manipuliert.

Im Einsatz

Beispiele für solche Bürgerräte lassen sich unter anderem in der Corona-Pandemie-Zeit finden, wo in solchen losbasierten Ratsformen über mögliche Maßnahmenempfehlungen gesprochen wurde. Es kann aber auch über konkrete Projekte beraten werden. Zum Beispiel wurde erst im Juli in Hannover über Empfehlungen für die Sanierung des Westschnellwegs in Hannover diskutiert. 31 Ideen kamen dabei zustande, um die vierspurige Schnellstraße zu erneuern. Was davon letzten Endes umgesetzt wird, muss das Niedersächsische Verkehrsministerium und die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) am Ende festlegen. Solche Formen der Beteiligung können natürlich nicht für jedes Projekt und jedes Thema herangezogen werden. Aber je mehr die Bevölkerung in Entscheidungen einbezogen wird und je mehr die Politik auf diese Empfehlungen hört, umso mehr lässt sich auch das – in der letzten Zeit immer wieder angezweifelte – Vertrauen in unsere Demokratie steigern.

- Werbung -

More articles

Latest article

Gemeinsames Lagebild

Katastrophenschutz-Leuchttürme

Im Tode verwaltet

Wie ein Brennglas

Leave no one behind!