Hast du schon Kurbelradio, Chlortabletten und Konserven für den Fall der Katastrophe zu Hause? Was für die meisten von uns zunächst echt seltsam klingt, ergibt angesichts wachsender Bedrohungen durch Klimawandel, Energieverknappung und Pandemien immer mehr Sinn.
Wie gut wir als Gesellschaft mit Krisen und Katastrophen umgehen können, hängt nämlich auch vom Verhalten jedes/jeder Einzelnen ab. Wer informiert und vorbereitet ist, kann viele der Herausforderungen, die einem in Ausnahmesituationen begegnen, aus eigener Kraft bewältigen. Als Forscher*innen im LOEWE-Zentrum emergenCITY, das sich mit der Resilienz digitaler Städte befasst, haben wir uns daher die Frage gestellt, wie wir die Menschen dazu bewegen können, mehr für die eigene Krisenvorsorge zu tun. Dabei entstand die Idee, dies mit einem Serious Game auf leicht zugängliche und unterhaltsame Weise zu versuchen. Also entwickelten wir gemeinsam mit einer Gruppe Studierender der Technischen Universität (TU) Darmstadt „Krisopolis“. Serious Games werden bereits in vielen Bereichen erfolgreich eingesetzt, um Menschen weiterzubilden. Unser Gehirn ist aufnahmefähiger, wenn Inhalte interaktiv und in Verbindung mit packenden Geschichten vermittelt werden.
Krisopolis: Als Spieler*in in eine fiktive Stadt eintauchen
In Krisopolis bist du Bewohner*in der fiktiven Stadt Krisopolis, welche in regelmäßig Abständen von Krisen heimgesucht wird. Zu Beginn des Spiels wählst du zwischen drei Szenarienlängen, wobei der Schwierigkeitsgrad mit der Krisenlänge steigt. Mit eCoins kannst du Vorräte und Ausrüstungsgegenstände, zum Beispiel Lebensmittel, Powerbank, Gaskocher oder Regentonne erwerben. eCoins gibt es allerdings nicht umsonst. Sie werden zum Ende jeder Runde für die Aktionen vergeben, die geholfen haben, die Krise zu bewältigen.
Zu Beginn des Spiels befindest du dich in deiner Wohnung. Dort gibt es viel zu entdecken, u.a. stehen Bücher zur Krisenvorsorge im Regal. Du kannst hier auch kochen, duschen oder schlafen. Diese Aktionen beanspruchen jeweils eine Zeiteinheit, wobei sich ein Tag in Krisopolis aus drei solcher Einheiten zusammensetzt. Das eigentliche Spiel beginnt, wenn per Zufall ein Krisenszenario eintritt. Auf einmal fällt der Strom aus, das Wasser ist verunreinigt oder ein Lockdown zwingt dich in der Wohnung zu bleiben. Nun kommt es auf die richtige Vorbereitung und das passende Krisenmanagement an. Vier Bedürfnisse musst du dabei im Auge behalten. Neben Essen, Trinken und Gesundheit ist wichtig, dass du zufrieden bist.
Gemeinschaft spielt im Serious Game Krisopolis eine wichtige Rolle
Zum Erfolg trägt auch die Beziehung zu den anderen Bewohner*innen von Krisopolis bei, Nicht-Spieler-Charaktere (NPCs) genannt. Jeder NPC interagiert auf seine eigene Art mit dir. Der Gartenfreund Gerhard bittet dich darum, mit seinem Hund Friedel Gassi zu gehen, die Seniorin Agathe möchte gerne gemeinsam ins Fotoalbum schauen, der Manager Elias wiederum hat eine wichtige Präsentation einstudiert und besteht auf einem Probevortrag. Hinzu kommt die Möglichkeit Lebensmittel oder Waren zu tauschen, ohne die eine erfolgreiche Krisenbewältigung in Krisopolis nur schwer gelingen kann. Alle Waren befinden sich in deinem Rucksack und können zu Beginn jeder Runde, in der Vorbereitungsphase, aufgestockt werden.
In jeder Krise gibt es jedoch noch einen entscheidenden Faktor: die Kommunikation. Du besitzt ein Handy, das während des Spielverlaufs informieren und warnen kann. Dafür musst du die entsprechenden Warnapps installieren. Kommt es infolge eines Stromausfalls zu einer Störung des Mobilfunknetzes, ist die Kommunikation erheblich eingeschränkt. Ohne Kurbelradio bleibt dir dann nur noch die Möglichkeit dich bei deinen Nachbarn*innen, auf dem Marktplatz oder im Rathaus zu informieren.
Release im Dezember geplant
Mit Krisopolis wollen wir das Krisenbewusstsein jedes einzelnen stärken, über die Auswirkungen verschiedener Szenarien informieren und Tipps zur richtigen Vorsorge geben. Als Mobilegame kannst du das Serious Game überall und jederzeit spielen. Vielleicht gelingt es uns damit gemeinsam, die Krisenfestigkeit unserer Gesellschaft zu erhöhen. Im Dezember ist der offizielle Release geplant. Dann kannst du dir das Spiel kostenfrei im App Store herunterladen. Bist du dabei?
Bis dahin erfährst du noch mehr unter www.krisopolis.de und unter www.emergencity.de/de/missions/seriousgames/

Joachim Schulze ist Architekt und Wissenschaftler am Fachgebiet Entwerfen und Stadtentwicklung an der Technischen Universität Darmstadt und war an der Entwicklung von Krisopolis im LOEWE-Zentrum emergenCITY beteiligt. Als Leiter Reallabore im Anwendungs- und Transferzentrum Digital Resilience Xchange (DiReX) geht er jetzt verstärkt in den Austausch mit Behörden, Verwaltung, Wirtschaft und Politik.

Nadja Thiessen ist Historikerin am Fachgebiet Neuere und Neueste Geschichte an der TU Darmstadt und Wissenschaftlerin im LOEWE-Zentrum emergenCITY. Ihre Forschungsinteressen sind historische Katatstrophenforschung, Stadt- und Infrastrukturgeschichte, welche sie bei der Entwicklung von Krisopolis einbringen konnte. In der Mission Serious Games von emergenCITY beschäftigt sie sich mit der Frage, welchen Beitrag Serious Games als Bildungs- und Informationsinstrumente zur Stärkung gesellschaftlicher Resilienz leisten können.