Donnerstag, 25. April 2024

Vereinbarkeit makes the difference: Verwaltungen als attraktiver Arbeitgeber

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Familien- und lebensphasenbewusste Personalpolitik – oder „Der nachhaltige Weg zum Wettbewerbsvorteil“

Verwaltungen kämpfen schon jetzt mit einem Fachkräftemangel. Und der wird sich angesichts der alternden Belegschaft bald noch deutlich verschärfen, wie auch eine Umfrage der berufundfamilie Service GmbH offenbart: 25 % der befragten Kommunalverwaltungen, die nach dem audit berufundfamilie zertifiziert sind, hat große Probleme bei der Stellenbesetzung (berufundfamilie Scout „Stadtgespräch Vereinbarkeit: Familien- und lebensphasenbewusste Personalpolitik von Kommunen“, 11.–12.2020). Laut der Stichprobenbefragung erwarten drei von vier Kommunen (75 %), dass in den kommenden fünf Jahren die Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung noch größer werden – sofern sich die Rahmenbedingungen und Anreize nicht verändern (berufundfamilie Scout).

Wie schaffen Verwaltungen also geeignete Rahmenbedingungen und Anreize, um die Arbeit bei ihnen attraktiver zu machen und gerade Nachwuchskräfte für sich zu begeistern? Die Antwort: mit einer familien- und lebensphasenbewussten Organisationskultur, die auch wirklich gelebt wird! Wir alle möchten Beruf, Familie und Privatleben unter einen Hut bringen. Die Zeiten, in denen es Arbeit oder Privatleben hieß, sind vorbei. 91,7 % der befragten Kommunen finden daher Angebote zur Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben bei der Werbung von Fachkräften besonders wichtig (berufundfamilie Scout). Doch Vereinbarkeitsmaßnahmen sollten nicht im Gießkannenprinzip über die Beschäftigten gegossen werden. Da müssen Arbeitgeber – und damit auch Verwaltungen – schon strategisch bzw. systematisch vorgehen. Genau dafür wurde vor mehr als 20 Jahren auf Initiative der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung das audit berufundfamilie entwickelt. Angeboten wird das so genannte Managementinstrument von der berufundfamilie Service GmbH. Sie hat bislang über 1.800 Organisationen – Unternehmen, Institutionen und Hochschulen – mit dem audit bei der Gestaltung einer nachhaltigen Vereinbarkeitspolitik begleitet. Das Besondere daran: Beim audit berufundfamilie handelt es sich um ein Entwicklungsaudit. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber nicht etwa nur einen Fragebogen zum aktuellen Status seiner Vereinbarkeitsangebote ausfüllt. Das audit bedeutet viel mehr für den Arbeitgeber – und zwar, indem gemeinsam mit der berufundfamilie entlang der acht personalpolitischen Handlungsfelder Arbeitszeit, Arbeitsorganisation, Arbeitsort, Information und Kommunikation, Führung, Personalentwicklung, finanzielle Zusatzleistungen sowie Serviceleistungen ein passgenaues und bedarfsgerechtes Maßnahmenportfolio für die Beschäftigten ent- und weiterentwickelt wird.

Work-Life Balance  Aber richtig agil

(Foto: berufundfamilie Service GmbH)

Was sind nun Maßnahmen, die auch wirklich von den Mitarbeitenden gebraucht werden? Lange nicht mehr nur die, bei denen es sich um Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen dreht. Schließlich betreut nicht jede*r Beschäftigte ein Kind oder eine*n pflegebedürftigen Angehörigen. Und dennoch haben auch Erwerbstätige ohne familiäre Aufgaben im engeren Sinne Vereinbarkeitsbedarfe. Diese können sich hinsichtlich eigener Erkrankungen, der Unterstützung enger Freunde oder der Ausübung von Ehrenämtern und Hobbys ergeben. Eine moderne Organisation öffnet sich auch daraus entstehenden Vereinbarkeitswünschen, und berücksichtigt damit zusätzlich Zielgruppen wie z.B. Alleinstehende und Young Professionals. Das audit berufundfamilie transportiert so gesellschaftliche Trends wie etwa die Individualisierung.

Was daraus als Maßnahmen entstehen kann? – Nicht nur Betreuungsangebote sondern auch Maßnahmen zur Optimierung der Flexibilisierung von Arbeitszeit und Arbeitsort sowie Mitarbeitendenrabatte bei Fitnessstudios oder Stressmanagementkurse und eine generell verbesserte Kommunikation der Leistungen des Arbeitgebers. Strategische Vereinbarkeit mit dem audit berufunfamilie führt also zu einer Work-Life-Balance für alle Beschäftigten in jeder Lebensphase – und das auf agile Weise.

Der Auditierungsprozess folgt nämlich einer Struktur, die in sich viel Raum für flexibles Agieren lässt. Am Anfang jeder Auditierung steht zunächst eine Bedarfsanalyse, anhand derer individuelle Zielvereinbarungen erstellt werden. Dabei geht es nicht nur darum, konkrete Maßnahmen zu benennen, die entwickelt bzw. adaptiert und umgesetzt werden, sondern auch den Weg für die strategischen Komponenten zu klären. Schließlich geht es ja darum, Vereinbarkeit auf der Kulturebene nachhaltig zu verankern. An den Inhalten der Zielvereinbarung müssen sich die Arbeitgeber messen lassen. Dafür wird jährlich die Entwicklung gescreent, um schließlich nach drei Jahren eine Re-Auditierung abschließen zu können. Bei der Erstauditierung erfolgt nach der Ausformulierung der Zielvereinbarung die Zertifizierung. Das Zertifikat zum audit berufundfamilie gilt als Qualitätssiegel für eine strategisch gestaltete familien- und lebensphasenbewusste Personalpolitik. Um dieses nach der dreijährigen Laufzeit weiter führen zu können, müssen sich die Organisationen erneut dem Prozess stellen. Das heißt: weiter optimieren. Und da können sich schon mal Beschäftigtenbedarfe und Vereinbarkeitswünsche ändern. Entsprechend werden die Maßnahmen zur Förderung der Work-Life-Balance wieder angefasst.

Doch genug vom Prozess! Was bringt eine familienbewusste Personalpolitik mit dem audit berufundfamilie nun konkret? Kurz und kompakt: Bewerber*innen und Mitarbeitende können Familie und Privatleben mit dem Beruf vereinbaren. Dies setzen die jungen Generationen bei der Arbeitgeberwahl übrigens voraus. So erwarten 73 % der Vertreter*innen der Generation Z bei einem Arbeitgeber Familienbewusstsein (Vorstudie „Generation Z und ihre Erwartungen an die zukünftige Arbeitswelt“, 2018). Der Großteil von ihnen (60 %) hat sich daher auch zum Ziel gesetzt, Angebote zur Vereinbarkeit in Vorstellungsgesprächen zu verhandeln (Vorstudie).

Für Verwaltungen als Arbeitgeber bringt das audit sowohl geringere Fehlzeiten- und Krankheitsquoten, gesteigerte Motivation und Zufriedenheit der Beschäftigten, als auch bessere Produktivität und schließlich eine gesteigerte Arbeitgeberattraktivität, die sich auch in der besseren Bewerber*innenqualität widerspiegelt. Verwaltungen können so innovative Zukunftsaussichten entwickeln und den grauen Behördenflair ablegen. Verwaltung und Vereinbarkeit? Da geht was!

Seit Mitte 2015 ist Oliver Schmitz Geschäftsführer der berufundfamilie Service GmbH. Vorher war er seit 1997 selbst autorisierter Auditor für das audit berufundfamilie und das audit familiengerechte hochschule. In dieser Funktion begleitete er zahlreiche Unternehmen und Institutionen bei der Gestaltung einer familien- und lebensphasenbewussten Personalpolitik. Oliver Schmitz hat auch zahlreiche Veranstaltungen moderiert sowie Trainings für Führungskräfte und Themenverantwortliche durchgeführt. Vor seiner Tätigkeit für die berufundfamilie war Oliver Schmitz Geschäftsführer eines international tätigen Beratungsunternehmens und wurde dafür unter anderem im Rahmen des Unternehmenswettbewerbs Erfolgsfaktor Familie ausgezeichnet und ließ sein eigenes Unternehmen nach dem audit berufundfamilie zertifizieren.

Oliver Schmitz hat zwei Lehraufträge an der Evangelischen Hochschule Freiburg für Arbeitsorganisation & Arbeitsbewältigung sowie für Intergeneratives & Lebensphasenorientiertes Personalmanagement.

(Foto: berufundfamilie Service GmbH)

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