Samstag, 22. November 2025

Klein, aber fein

Ist das Kultur oder kann das weg?

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Marlies Vossebrecker
Marlies Vossebrecker
Marlies Voßebrecker schreibt zu den Themen Finanzen und Kommunalpolitik. Nach Feierabend findet man sie meistens am Klavier oder bei einem Spaziergang durch die Rheinaue.

Leerstehende Ladenlokale, kaum Menschen, die durch die Straßen flanieren und in die Jahre gekommene Aufenthaltsmöglichkeiten, die nicht zum Verweilen einladen – mit diesen Problemen haben insbesondere kleinere Städte zu kämpfen. Aber ein breites kulturelles Angebot sowie gezielte Fördermaßnahmen lassen Innenstäde und Handel aufblühen.

Die Innenstädte der Kommunen in Deutschland befinden sich seit einiger Zeit im Wandel. Bedingt durch ein erhöhtes Umweltbewusstsein entstehen immer mehr autofreie Zonen. Zugleich bringen Online-Handel und inflationsbedingte Preissteigerungen gerade kleine Geschäfte in Not und sorgen für verstärkten Leerstand der Ladenlokale. Die Nutzungsansprüche der Menschen an den öffentlichen Raum haben sich geändert: Nicht erst seit der Corona-Zeit dient er zunehmend als Treffpunkt. Zwar bleiben Innenstädte eine wichtige Anlaufstelle für Einkäufe und Erledigungen. Doch zugleich entwickeln sie sich immer mehr zum Aufenthaltsort aller Generationen und Altersklassen.

Insbesondere kleine Kommunen stehen aufgrund der Neugestaltung der Innenstadtbereiche vor großen Herausforderungen. Neben Förderprogrammen durch Bund und Länder versprechen vor allem Konzepte Erfolg, die auch den Handel beleben und auf kulturelle Angebote setzen.

Ein gelungenes Beispiel ist etwa die 41.000-Einwohner-Stadt Buchholz in der Nordheide. Die Beliebtheit des Ortes ist bei Anwohnenden und Besuchenden hoch und unter anderem darauf zurückzuführen, dass es das ganze Jahr über ein umfangreiches kulturelles Angebot gibt. „Auf diese Weise bietet Buchholz in der Nordheide deutlich mehr als ‚normales‘ Einkaufsvergnügen“, fasst es eine Sprecherin der Stadt zusammen.

Solche Veranstaltungen und Ereignisse steigerten als Treffpunkt die Aufenthaltsqualität enorm. Daher hat die Stadt vor zwei Jahren eine eigene innerstädtische Bühne zur kostenlosen Nutzung für Vereine o. Ä. angeschafft. Hier finden z. B. unter der Woche im Sommer Musikevents statt. Die Summer-Lounge vor dem Einkaufszentrum, ein Wochenmarkt, das Winzerfest oder der Weihnachtsmarkt ziehen ebenfalls Menschen in die Stadt. Ein Pumptrack für Fahrradfahrende, also eine speziell angelegte Strecke aus Hügeln, Kurven und Wellen, richtet sich besonders an jüngere Menschen.

Buchholz: quirliges Zentrum dank Vielfalt an Angeboten

Das Engagement zeigt Wirkung: Laut einer Umfrage unter den Bürger*innen bewertet fast jede zweite befragte Person die Entwicklung der Buchholzer Innenstadt positiv. Nicht zuletzt aufgrund der zahlreichen Veranstaltungen ziehen viele der Befragten den Einkauf vor Ort dem Online-Shopping vor. Trotz der bereits positiven Resonanz hat Buchholz im vergangenen Jahr ein professionelles Innenstadtmanagement eingerichtet, um lokale Akteure zu vernetzen und gemeinsam erarbeitete Maßnahmen umzusetzen. „Zielsetzung des Innenstadtmanagements ist es, die Innenstadt als vielfältigen Funktions-, Erlebnis- und Aufenthaltsort für Jung und Alt zu bewahren, auch vor dem Hintergrund des veränderten Einkaufsverhaltens der Bevölkerung und diverser weiterer Herausforderungen wie der hohen Inflation“, heißt es aus der Stadt auf Anfrage. Das Innenstadtmanagement wird mit Fördermitteln aus dem Programm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) finanziert.

Weitere Maßnahmen zur Belebung der Innenstadt und zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität profitieren von Zuschüssen anderer Förderprogramme: So soll die Fußgängerzone nahezu barrierefrei gestaltet werden und zusätzlich mit Spielgeräten, digitalen Infostellen sowie hohen Bäumen ausgestattet werden. Auch soll der Rathauspark aufgewertet werden.

Nicht nur in Niedersachsen verhelfen gezielte Förderprogramme und Kultur den Innenstädten zu neuem Leben. Auch in NRW finden sich kleine Kommunen, die den aktuellen Entwicklungen mit Kreativität und staatlichen Hilfen entgegenwirken.

Wipperfürth hält kulturelle Angebote im Blick

Die Hansestadt Wipperfürth mit rund 21.000 Einwohnenden hat durch das NRW-Landesprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Ortszentren“ etwa 350.000 Euro erhalten, um Maßnahmen zur Steigerung der Aufenthaltsqualität sowie der Attraktivität der Innenstadt umzusetzen. Auch hier setzt man nicht allein auf den Handel, sondern kalkuliert die Reichweite des kulturellen Angebots ein. Im Mittelpunkt steht hier der Marktplatz mit umliegender Gastronomie, auf dem im Sommer musikalische Veranstaltungen stattfinden. Für Besucherströme sorgen zudem das Stadtfest mit Kinderflohmarkt, der verkaufsoffene Sonntag, der Bergische Feierabendmarkt oder der Weihnachtsmarkt. Diese Ereignisse „[…] bilden einen geselligen Rahmen für das Leben in der Stadt“, erklärt eine Sprecherin auf Anfrage. Wichtig sind dabei auch sportliche Veranstaltungen: Am Wanderevent Bergische 50, einer 50 Kilometer umfassenden Erlebniswanderung über die Dauer von zwölf Stunden, beteiligen sich etwa jährlich mehr als 3.000 Personen.

Kultur und Lebensraum gehen häufig Hand in Hand und erfolgreiche Programme wie in Buchholz oder Wipperfürth zeigen, dass die Menschen auch interessiert sind. Innenstädte profitieren somit von Kultur und umgekehrt profitieren Kulturschaffende davon, wenn ihnen eine Bühne geboten wird, um ihr Gut mit anderen zu teilen.  

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