Kleingeld zum Telefonieren? Im Zeitalter von Smartphones und 5G ist das für die meisten Menschen höchstens noch eine nostalgische Erinnerung an längst vergangene Zeiten. Telefonzellen benutzt niemand mehr. Das ist auch gar nicht möglich, denn die sind seit über zwei Jahren nicht mehr in Betrieb. Trotzdem finden sich vielerorts noch Exemplare – Nachlässigkeit beim Rückbau, ein Fall von zu hohen bürokratischen Hürden oder doch nur eine Verkettung unglücklicher Umstände?
Die öffentlichen Telefone standen früher an 160.000 Standorten in ganz Deutschland. Als ihr Betrieb zum 30. Januar 2023 eingestellt wurde, waren davon noch 12.000 Stück übrig. Die Besitzerin, die Deutsche Telekom AG, begann bald darauf damit, die Telefonzellen zurückzubauen. Doch kurzerhand alle Häuschen abreißen? Weit gefehlt! Schließlich handelt es sich hierbei um komplexe Tiefbau-Maßnahmen. Und für jede einzelne Tiefbaumaßnahme – d. h. für jede einzelne abzubauende Telefonzelle – müssen die Bauämter vor Ort eine eigene verkehrsrechtliche Anordnung erstellen, denn beim Abbau eines Standorts muss u. a. auch das Fundament im Boden wieder entfernt und anschließend die Oberfläche wieder ordnungsgemäß hergestellt werden. Zudem müssen Absperr- und Aufgrabe-Genehmigungen koordiniert werden – eine Aufgabe, die besonders in Ballungsräumen und an stark frequentierten Orten wie Bahnhöfen zur echten Herausforderung wird.
Genehmigung erteilt
Trotz allem: Zu hohe bürokratische Hürden auf Seiten der Verwaltung schließt ein Sprecher der Stadt Köln als Grund für den langwierigen Rückbau aus. Es brauche lediglich einen Antrag und die daraus resultierende Genehmigung für die Aufgrabung und für die verkehrsrechtliche Genehmigung der Baustellen. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit bis zur Bescheidung beider Anträge betrage bei der Stadt etwa zehn bis 15 Werktage.
Die Domstadt zeigt Verständnis für den komplexen Prozess, die Verzögerungen seien geleichwohl insgesamt ärgerlich, heißt es. Deshalb hat das örtliche Bauverwaltungsamt angekündigt, rechtliche Schritte einzuleiten, um den Rückbau voranzutreiben – inklusive der Androhung von Zwangsgeld.
Der Nächste bitte
Mit zwei Anträgen – wie Köln den Vorgang zusammenfasst – ist es allerdings längst nicht in jeder Kommune getan. Es gilt regionale und lokale Besonderheiten zu beachten. Einige Städte fordern zuerst eine Bescheinigung, dass der betroffene Standort frei von Kampfmitteln ist, andere haben strenge Regeln zur Vergabe der Tiefbau-Maßnahmen. All das bindet Ressourcen und kostet zusätzlich Zeit.
Die Schuld für den langwierigen Prozess allein der deutschen Bürokratie in die Schuhe zu schieben, wäre allerdings zu kurz gedacht. Auch die Vielzahl der beteiligten Akteure und die Abhängigkeiten voneinander erschweren und verlängern den Prozess. Zunächst einmal müssen die Telefonzellen nämlich durch die regionalen Energieversorger vom Strom getrennt werden. Allein das kann teilweise mehrere Monate andauern. Erst danach und erst wenn alle erforderlichen Genehmigungen vorliegen, können die Baufirmen damit beginnen, tatsächlich die Kabinen abzubauen etc., bevor die Überreste dann von Recycling-Unternehmen entsorgt werden können. „Die Koordination der Gewerke für tausende Baustellen ist für alle Beteiligten aufwändig und wird daher noch einige Zeit in Anspruch nehmen“, heißt es von der Telekom.
Auf der Zielgeraden
Bis Ende 2025 sollen alle Telefonzellen und -stelen in Köln abgebaut sein, das hat die Telekom der Stadt Köln mitgeteilt. Das Telekommunikationsunternehmen ist guter Dinge, diese Zusage einzuhalten. „Wir arbeiten intensiv am Abbau der verbliebenen Häuschen und in vielen Städten sind die öffentlichen Telefone bereits komplett verschwunden“, so die Telekom. „Daher geben wir die Hoffnung nicht auf, dass die öffentlichen Telefone trotz der bestehenden Schwierigkeiten im Jahr 2025 weitgehend abgebaut sind.
Zweite Chance
Die ausrangierten Häuschen landen übrigens nicht einfach auf dem Müll. „In einem Zwischenlager in Brandenburg werden durch Vandalismus beschädigte Häuschen seit vielen Jahren liebevoll aufgearbeitet und für die weitere Nutzung oder den Verkauf hergerichtet“, so der Sprecher der Telekom. Seit 2013 wurden so allein für den Verkauf mehr als dreitausend dieser alten Häuschen aufgearbeitet. Sie werden nun unter anderem als private Gartenduschen, Gewächshäuser oder Verkaufsstände für Eier genutzt.
Für etwa 550 Euro konnten Selbstabholer die 300 Kilogramm schweren Häuschen erwerben. „Die gelben Häuschen sind inzwischen längst vergriffen, und auch für die Restbestände der grau-magentafarbenen Variante gibt es lange Wartelisten, die weiterhin nach und nach abgearbeitet werden.“ Häuschen und Stelen, die noch nicht abgebaut sind, sollen möglichst ortsnah gesammelt und verwertet werden.
„Eine Übergabe noch stehender Häuschen an kreative Nachnutzer ist in der Regel aus Haftungsgründen nicht möglich“, heißt es von Seiten der Telekom. In einigen Städten finden sich dennoch aufbereitetet Kabinen – die wurden dann aber von Vereinen oder anderen Trägern an dafür vorgesehenen Orten neu aufgestellt. So z. B. in der Hansestadt Stade, wo die Häuschen als Büchertauschbörsen dienen. Diese Verwendung kommt bei Bürgerinnen und Bürgern gut an, wird durch motivierte Ehrenamtliche unterstützt und macht Telefonzellen endlich wieder zu einer Bereicherung der Innenstadt.



