Dienstag, 5. Dezember 2023

Vorurteile gegenüber dem Öffentlichen Dienst

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Till Busche
Till Busche
Till Busche ist Werkstudent im Bereich der Digitalisierung und Unternehmensentwicklung beim Behörden Spiegel. Wenn er in seiner Freizeit nicht draußen durch die Berliner Parks joggt, probiert er gerne die neusten Trends in der Welt der VR-Brillen aus.

Der Öffentliche Dienst ist vielen Vorurteilen ausgesetzt. Nicht erst seit der Corona-Pandemie werden auf Twitter und Co. die Beamt*innen und Angestellten des Öffentlichen Dienstes mit Vorurteilen konfrontiert. Daher ist es an der Zeit, den bekanntesten Vorurteilen gegenüber dem Öffentlichen Dienst einmal nachzugehen und zu schauen, was an den Vorurteilen stimmt und was nicht.

Der Öffentliche Dienst arbeitet langsam
Die Vorurteile der „faulen Beamt*innen“ und der langsam arbeitenden Angestellten in einem Rathaus sind wohl einige der geläufigsten Vorurteile gegenüber dem Öffentlichen Dienst. Das Vorurteil kommt nicht von ungefähr, schließlich ist der Gang zum Rathaus für viele Bürger*innen der häufigste bewusst wahrgenommene Kontaktpunkt mit dem Öffentlichen Dienst. In Städten wie Berlin kann das Beantragen eines Reisepasses durchaus zu einer „Mission Impossible“ werden. Oftmals scheitert es bereits an einem freien Termin. Nicht selten sind die Termine für die nächsten Monate bereits ausgebucht. Bei einem Blick auf die Öffnungszeiten stellt sich schnell das Gefühl ein, Beamt*innen arbeiteten von acht bis 14 Uhr. So einfach ist es um die Arbeit im Öffentlichen Dienst jedoch nicht gestellt. Studien des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zeigen ein differenzierteres Bild der Arbeitsbedingungen im Öffentlichen Dienst. Innerhalb der letzten 30 Jahre ist die Anzahl der Bediensteten im Öffentlichen Dienst um mehr als 2.4 Millionen Stellen zurückgegangen. Parallel dazu stieg die Anzahl der Aufgabenfelder an. Krisen wie die Flüchtlingskrise 2015 und die anhaltende Corona-Pandemie haben die Behörden an ihre Leistungsgrenzen gebracht. Die langen Schlangen vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin (Lageso) 2015 sowie die verzögerten Meldungen der Gesundheitsämter zu den Infektionszahlen der jeweiligen Landkreise in der Corona-Pandemie sind nicht auf „faule Beamt*innen“ zurückzuführen. Vielmehr ist es der enge Personalschlüssel, der wie in vielen Bereichen des Öffentlichen Dienstes, stetig verkleinert wird. Daher kann nicht gesagt werden, dass Bedienstete des Öffentlichen Dienstes faul sind. Ausschlaggebend ist hierfür der Stellenabbau der letzten Jahrzehnte. Mit Blick auf die unterschiedlichen Bereiche des Öffentlichen Dienstes, wie beispielsweise Feuerwehr oder Polizei, sind Überstunden sowie Wochenend- und Nachtschichten Faktoren für eine hohe Arbeitsbelastung. Laut dem DGB-Index „Gute Arbeit“ klagen 58 Prozent der befragten Beschäftigten im Öffentlichen Dienst über häufigen Zeitdruck am Arbeitsplatz. Zudem zeigen Umfragen bei jungen Absolvent*innen und Berufseinsteiger*innen, dass viele mit der Motivation in den Öffentlichen Dienst gehen, an einer der zentralen Lebensadern unserer Gesellschaft zu arbeiten und einen Beitrag für das öffentliche Leben in diesem Land zu schaffen. Insofern kann das Vorurteil der faulen Beamt*innen oder Angestellten im Öffentlichen Dienst nicht bestätigt werden. Natürlich gibt es wie in jedem Beruf Mitarbeiter*innen die weniger als andere arbeiten.

Der Öffentliche Dienst bietet kaum Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten
Zwei weitere Vorurteile, welche vor allem bei jungen Menschen vorherrschen, sind die begrenzten und langatmigen Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeit im Öffentlichen Dienst.
Während in der Privatwirtschaft junge Absolvent*innen oftmals mit schnellen Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten, sowie modernen Arbeitsbedingungen umworben werden, kann der Öffentliche Dienst bei diesen Angeboten oftmals nicht mithalten. Dies führt dazu, dass junge Absolvent*innen sich immer häufiger gegen den Einstieg in Verwaltungen bei Bund, Ländern oder Kommunen entscheiden. Als Hauptgründe werden bei den Befragten finanzielle Gründe und individuelle Karrieremöglichkeiten genannt. Des Weiteren werden moderne IT-Infrastruktur, die auch mobiles Arbeiten und Homeoffice ermöglicht, sowie eine offene und innovative Arbeitskultur als Anreize aufgezählt.
Dem Öffentlichen Dienst als Arbeitgeber sind diese Probleme durchaus bewusst. Es gibt mehrere Bestrebungen die starren Besoldungsstrukturen aufzulösen, um mehr finanziellen Spielraum bei der Einstellung junger Talente zu haben. Zudem gibt es immer häufiger Kampagnen, welche die Vorteile einer Anstellung im Öffentlichen Dienst in den Vordergrund stellen. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig eine sichere und krisenfeste Anstellung ist. Aber auch in den Bereichen der Weiterbildung und Entwicklung unternimmt der Öffentliche Dienst mehr Initiative, um als Arbeitgeber attraktiver für junge Absolvent*innen zu werden. Daneben führt die Digitalisierung auch in der Verwaltung zu Veränderungen der Arbeitsumgebung. Bereits jetzt hat sich durch die Corona-Pandemie gezeigt, Homeoffice ist auch in der Verwaltung möglich. Die Sonderauswertung „Homeoffice im Öffentlichen Dienst“ des DGB-Index „Gute Arbeit“ kommt zu dem Ergebnis, dass im Öffentlichen Dienst 22 Prozent regelmäßig von zu Hause arbeiten. In der Privatwirtschaft sind es dagegen nur 17 Prozent. Die Vorurteile gegenüber den Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten im Öffentlichen Dienst können also nicht vollständig von der Hand gewiesen werden. Allerdings ist ein Wandel im Arbeitsklima zu beobachten. Nicht zuletzt durch Corona entwickelt sich der Öffentliche Dienst zu einem flexibleren Arbeitgeber.

Die Arbeit im Öffentlichen Dienst ist mit vielen Privilegien verbunden
Ein weiteres Vorurteil, welches sich beständig gegenüber dem Öffentlichen Dienst hält, hebt die Privilegien hervor, die mit der Arbeit im Öffentlichen Dienst verbunden werden. Zu den bekanntesten Privilegien zählen wohl die Verbeamtung und die damit einhergehende Jobgarantie, die Pension und die private Krankenversicherung. Auch wenn die Verbeamtung sicherlich viele Vorteile mit sich bringt, so gibt es auch hier Bereiche des Verzichts. Im Gegenzug für die Verbeamtung verzichten die Staatsdiener*innen auf ihr Streikrecht. Zudem können sie von ihren Dienstherren an andere Dienstorte versetzt werden. Dafür wird durch die Verbeamtung ein lebenslanges Gehalt ausgezahlt. Allerdings sind im Öffentlichen Dienst bei weitem nicht alle Beschäftigten verbeamtet. Dem Statistischen Bundesamt zu Folge sind von 4.9 Millionen Beschäftigten 34.9 Prozent verbeamtet und 61.3 Prozent angestellt. Somit sind nur etwas mehr als ein Drittel der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst verbeamtet und können die mit der Verbeamtung verbundenen Privilegien nutzen.

Fazit
Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass viele Vorurteile gegenüber dem Öffentlichen Dienst sich nicht bewahrheiten. Vor allem beim Arbeitsumfang ist der Aufwand in den letzten Jahren durch Personalreduktion und parallel anwachsende Ansprüche an das Personal gestiegen. Wie bei den meisten Vorurteilen gibt es auch Aussagen, die sich bewahrheiten. Dies zeigt sich im Bereich der Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten. Hier gibt es durchaus größere Hürden als in der Privatwirtschaft. Allerdings ist auch in diesem Bereich Veränderung zu beobachten.

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