Freitag, 29. März 2024

Alte Zöpfe abschneiden – neue Zöpfe flechten?

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4 Generationen gestalten die Zukunft der öffentlichen Verwaltung

Ihr habt euch für eine Tätigkeit in der öffentlichen Verwaltung entschieden, weil für
euch eine sinnstiftende Arbeit und ein Beitrag zum Gemeinwohl wichtig sind. Gute
Argumente für eine Tätigkeit im Öffentlichen Dienst sind vielfältige Aufgaben, gute
Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben (Work-Life-Balance) sowie guten Aufstiegsmöglichkeiten. Das passt im Kern mit den wesentlichen Aspekten zusammen, die rund um die Themen Arbeiten 4.0 sowie New Work diskutiert werden.


Gute Arbeitsbeziehungen sowie Arbeitsbedingungen sind für euch aber auch für andere Generationen wichtig. Aktuell werden auch in vielen Bereichen neue Formen der partizipativen, hierarchiefreien Zusammenarbeit erprobt. Design Thinking Methoden oder auch Innovationslabore werden praktisch erprobt bzw. eingesetzt, um die vielfältigen Kompetenzen, Ideen, Erfahrungen der Beschäftigten zu nutzen.

Groß sind auch die Herausforderungen der Zukunft für uns. Damit sind neben der
Digitalisierung auch die Diversität sowie die Demografie gemeint. Über letztere wird übrigens schon seit Jahrzehnten in unterschiedlicher Intensität diskutiert. Die Bevölkerung wird bunter und älter – ebenso aber auch unsere Belegschaften. Im Schnitt arbeitet ihr mit 3 Generationen mit bisweilen unterschiedlichen Erwartungshaltungen, Werten sowie Kompetenzen zusammen. In den kommenden Jahren werden uns in großer Zahl die Baby-Boomer verlassen – und damit werden wir auch jede Menge persönliche und organisationale Erfahrung verlieren. Der obige „Zöpfe-Satz“ hat sicherlich bisweilen seine Berechtigung – ist er aber immer gut für die Organisation und wie wir miteinander umgehen?

Im Rahmen einer Projektwoche haben sich zum Beispiel die Auszubildenden des ersten und des zweiten Lehrjahres des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) an den Dienstsitzen Berlin und Bonn mit dem Thema Diversität und insbesondere der Dimension Alter beschäftigt. Ziel der Aktion für den Deutschen Diversity Tag war es, selbstorganisiert eine Idee zu entwickeln, die Beschäftigten des Hauses auf diesen Tag, aber auch auf das spezielle Thema aufmerksam zu machen. So entwarfen sie zunächst einen informativen Text, der mit einem zum Thema passenden Bild als Eyecatcher verknüpft wurde.

(Foto: designed by Freepik)

Alter ist in diesem Sinne nicht biologisch zu verstehen, sondern neutral.
Zusätzlich luden die Auszubildenden die Beschäftigten ein, sich an einem kleinen
selbst entwickelten Quiz zu beteiligen, um sich eingehender mit dem Thema
Diversität zu befassen. Positives Feedback aus dem Kreis der Beschäftigten hat gezeigt, dass es sich lohnt, dass ihr als junge Kolleg*innen das Thema aufgreift und stereotype Wahrnehmungen auf beiden Seiten beseitigt. Unbewusste Denkschubladen, die wir alle haben, gilt es zu vermeiden. Sie bieten häufig den möglichen Grund für Diskriminierung im Arbeitsleben.

Das BMFSFJ hat zudem aktuell neue Grundsätze für Führung und Zusammenarbeit in einem partizipativen Ansatz entwickelt. Anforderungen der neuen Arbeitswelt wurden hier ebenso integriert wie Anforderungen an eine gelebte Diversität. Dieses Kulturthema setzt eine von Wertschätzung und Anerkennung von Vielfalt geprägte Kultur des Miteinander voraus. In solchen Grundsätzen sind Anforderungen an Führungskräfte wie Mitarbeitende, formuliert.

Im Zentrum des diesjährigen Auditverfahrens berufundfamilie standen personalpolitisch beim BMFSFJ die Themen „Generationenmanagement“ sowie „Führung und Zusammenarbeit“ im Fokus. Vier altersbezogene Fokusgruppen mit Mitarbeitenden und Führungskräften diskutierten und reflektierten generationenübergreifend insbesondere die Fragen:

  • Wie gut ist das Zusammenwirken der Generationen?
  • Welche Wünsche/Anforderungen an die Arbeitsbedingungen im Hinblick auf Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben gibt es aus Sicht der Altersgruppen?
  • Welche Angebote wünschen sich unterschiedliche Generationen im Hinblick auf die Veränderungen der Arbeitswelt (Digitalisierung, demografische Veränderungen, Verlängerung Lebensarbeitszeit)?
  • Welche Erwartungen haben Sie in ihrer derzeitigen Lebensphase an ihre Führungskräfte und an die Zusammenarbeit?
  • Inwieweit werden Wünsche/Anforderungen bereits umgesetzt bzw. welchen Handlungsbedarf gibt es?

Die Ergebnisse werden jetzt genutzt, dass Generationenmanagement weiter zu optimieren.

Mit Fragen des Generationenmanagements (vom Onboarding bis zum Offboarding) haben sich Veranstaltungen auf nationaler sowie internationaler Ebene des European Instituts of Public Administration (EIPA) in Maastricht u.a. in Kooperation mit dem Demografienetzwerk (ddn) beschäftigt. Aus Sicht von Wissenschaft, Verwaltung und Wirtschaft stellt der demografische Wandel keine Bedrohung sondern eine Chance dar, gute Arbeitsbeziehungen und Arbeitsbedingungen generationenübergreifend zu gestalten. Das Personalmanagement sollte stärker lebensphasenorientiert oder intergenerational ausgerichtet werden, wie Beispiele der Deutschen Bahn oder der Bundesagentur für Arbeit gezeigt haben. Innovative Lösungsansätze sind gefordert, um die individuellen Wünsche verschiedener Generationen an ihre Berufs-und Lebensplanung besser zu berücksichtigen sowie Führung und Zusammenarbeit neu auszurichten. Ein gutes Klima von Führung und Zusammenarbeit, Wertschätzung, Chancengleichheit sowie gelebte Vielfalt sind für uns alle wichtig, um mit Engagement die Aufgaben auch in der Zukunft zu meistern. Flexibilisierung von Arbeitsort und Arbeitszeit sind stark nachgefragt – ebenso wie ein gutes Talentmanagement, partizipative Arbeitsformen, Angebote zur Gesundheitsförderung oder ein Familien Service zur Unterstützung der Kinderbetreuung oder auch Pflege von zu betreuenden Angehörigen. Dieser Aufgabe stellen sich vermehrt übrigens auch jüngere Kolleg*innen.

Es wurde auch deutlich, dass angesichts der zu erwartenden Personalfluktuation auf die Rekrutierung neuer Talente viel wert gelegt wird. Dies ist zweifellos in eurem Sinne und im Sinne der Arbeitgeberattraktivität zu begrüßen und auch notwendig. Ist es aber für euch nicht auch ein wichtiges Signal mit Blick auf die Kultur, wie man mit älteren Beschäftigten umgeht und diese in den Ruhestand verabschiedet? Deshalb haben sich auch einige Vorträge mit der Begleitung in den Ruhestand beschäftigt. Dieser ist noch weit weg für euch, aber daran in der Generationenperspektive zu arbeiten sollte für euch und eure persönliche Entwicklung interessant sein.

Workshops zeigen, dass Älteren vor dem Ausscheiden aus dem Berufsleben 2 Aspekte wichtig sind: Wertschätzung und ihr Wunsch, Wissen weiterzugeben. Wissenstransfer wird immer wichtiger und davon könnt ihr profitieren – gerne auch um neue, innovative „Zöpfe“ zu flechten. Erfahrungen kann man nicht lehren, die muss man selbst machen. Manche Fehler kann und sollte man vermeiden und voneinander intergenerational lernen. Auch Lernpatenschaften, Mentoring bieten die ideale Form, sich Wissen anzueignen.

Nachstehend findet ihr ein paar Ideen, wie man ganzheitlich das Thema gestalten könnte:

Begleitung in den Ruhestand (Offboarding)

(Grafik: eigene Darstellung)


Ihr seht: in einem solchen Ansatz treffen sich Jüngere und Ältere und können voneinander profitieren. Jedem Offboarding folgt in der Regel ein Onboarding. Eine Bitte hätte ich noch: wenn ihr Ideen dazu habt oder schon Erfahrungen:
teilt Sie bitte in den Kommentaren mit uns!!!

In der Woche vom 13.09.-17.09. findet übrigens bei EIPA international besetzt für die öffentliche Verwaltung eine Diversity-Konferenz statt.

Dr. Beatrix Behrens ist Bereichsleiterin für Organisationsmanagement an der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit (BA) und ist aktuell erneut als Expertin für Public Management und HRM beim European Institute of Public Administration (EIPA) in Maastricht tätig. Zuvor hat sie viele Jahre den Bereich Personalentwicklung/Personalpolitik bei der BA geleitet und u.a. das Diversitätsmanagement aufgebaut. Im Rahmen des Regierungsprogramms „Vernetzte und transparente Verwaltung“ übernahm sie die fachliche Leitung für das Thema „Demografiesensibles Personalmanagement“. Sie war u.a. bei der OECD in Paris tätig, hat am Zukunftsdialog der Bundeskanzlerin teilgenommen, als Beirätin mehrere Projekte auch auf Bundesebene begleitet und publiziert zu Themen wie Kompetenzmanagement, Diversität, New Work.

Im März 2006 entstand ddn auf Initiative des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) sowie der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA). ddn verbindet in seinem Netzwerk Unternehmen und Institutionen miteinander, damit diese für über zwei Millionen Beschäftigte den demografischen Wandel aktiv mitgestalten können. Die Kernidee des Netzwerks ist, dass Mitglieder durch den Austausch neue kreative Ideen entwickeln. Deswegen ist ddn immer offen für neue Unternehmen, Organisationen und Personen als Mitglieder oder Unterstützer*innen.

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