Freitag, 29. März 2024

Eine Dienstfahrt, die ist lustig, eine Dienstfahrt, die ist… nachhaltig? 

Mit Weitblick

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Scarlett Lüsser
Scarlett Lüsser
Scarlett Lüsser ist Volontärin in der Online-Redaktion und kümmert sich auch um Social Media und Podcasts. In ihrer Freizeit spielt sie gerne alle Arten von Gesellschaftsspielen.

Sie sollen dafür sorgen, dass Deutschland die Klimaziele einhält, damit wir bis 2030 die CO²-Emissionen um 65% reduzieren – doch wie nachhaltig sind unsere 736 Abgeordneten dabei unterwegs? Denn zwischen den Sitzungswochen im Bundestag haben die Abgeordneten auch sogenannte Wahlkreiswochen. Entsprechend pendeln sie regelmäßig nach Berlin und zurück. Dazu kommen noch die Ministerien, die teilweise zwei Standorte – in Bonn und Berlin – haben, etc… 

Schaut man sich nur die letzten paar Jahre an, gab es große Schwankungen im Reiseverhalten der Bundestags-Politiker*innen. Denn obwohl jede*r Abgeordnete eine sogenannte „Jahresnetzkarte“ für die erste Klasse der Deutschen Bahn besitzt, stiegen die aufgewendeten Kosten für Flugreisen 2019 im Vergleich zum Vorjahr um die Hälfte. Dabei bekommen die Abgeordneten ihre Dienstreisen natürlich vollständig erstattet. Gleichzeitig ist der Staat aber um Klimafreundlichkeit bemüht und leistet deshalb „CO²-Ausgleichszahlungen“, wodurch an anderer Stelle Emissionen gespart werden sollen. Das soll vor allem durch Hilfsprojekte in Entwicklungsländern passieren.  

Sprung zum Pandemie-Beginn 2020, hier sorgten natürlich die Corona-Maßnahmen zwangsläufig für einen Rückgang des Pendlerverkehrs. Die Ministerien reisten bis zu 90% weniger zwischen den Regierungssitzen hin und her. Und trotzdem konnte stabil regiert werden – über Videokonferenzen und ähnliche Mittel zum Beispiel. Ein weiterer positiver Effekt davon: Es konnten nicht nur mehrere Millionen Euro an Reisegeldkosten gespart werden, sondern auch eine Menge CO².  

Außerdem wurde in diesem Jahr ein Zusatz in das Bundesreisekostengesetz (BRKG) aufgenommen, nämlich die Umsetzung des „Klimaschutzprogramms 2030“. Demnach sollen künftig auch Aspekte der Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit im BRKG aufgenommen werden. Was heißt das? In Zukunft soll nicht nur Wirtschaftlichkeit eine Rolle bei der Wahl des Transportmittels spielen, sondern eben auch Umweltaspekte und CO²-Ausstoß, bzw. sogar Neutralität. Sollte ein*e Abgeordnete*r mit der Bahn fahren wollen, wird dies immer ermöglicht, auch wenn dadurch Mehrkosten entstehen, weil beispielsweise durch die Reisedauer ein zusätzliches Tagesgeld oder Übernachtungskosten für den Abgeordneten fällig werden. Allerdings haben die Politiker*innen hier keinen Zwang – wenn die Flugreise passender wäre als die Bahn, kann auch weiterhin mit dem Flugzeug gereist werden. Ein Anreiz für die meist längere Reisezeit mit Bus und Bahn soll das mobile Arbeiten im Zug sein, wodurch die Bahnfahrt als Arbeitszeit abgerechnet werden kann. Diese Regelungen beziehen sich auf Inlandsreisen und Reisen im grenznahen Raum, sowie gut angebundene europäische Großstädte, wie z. B. Paris oder Brüssel. 

Haben die Abgeordneten ihr Verhalten angepasst? 

Da das Bahnfahren für die Abgeordneten durch die Jahresnetzkarte bereits kostenlos ist – und sogar privat genutzt werden kann – würden dadurch maximal Mehrkosten in Form des möglichen zusätzlichen Tagesgelds oder Übernachtungskosten entstehen. Man würde also nicht nur Klima-schonender reisen, sondern auch noch Geld sparen. Dazu kommt noch die Möglichkeit von Videocalls und Ähnlichem, also wie sieht die Bilanz aus 2022 aus? 

Leider gibt es keine Statistik, in der man nachverfolgen könnte, wie häufig die Jahresnetzkarte tatsächlich genutzt wird, aber laut einem Bericht der Welt sind die Buchungen für Flüge wieder erheblich angestiegen. Schon in der ersten Jahreshälfte wurden Flüge im Wert von über 1 Millionen Euro gebucht – nur zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2019 wurde für 3,46 Millionen Euro geflogen, wie der Stern berichtet. Zwar bittet der Haushaltsausschuss schon seit 2008  darum, dass die Dienstreisen auf ein notwendiges Minimum beschränkt werden, allerdings sehen die Zahlen anders aus. Auch wenn das Bundesfinanzministerium immer wieder versichert, dass man versuche, das Pendeln zwischen den beiden Dienstorten auf ein notwendiges Maß zu beschränken. Der Trend geht trotzdem wieder in Richtung Flugzeug.  

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