Samstag, 20. April 2024

Feuerwehrfrauen setzen neue Maßstäbe

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Netzwerkarbeit in der Feuerwehr

Schon lange ist das „networking“ fester Bestandteil im beruflichen Kontext und besonders bei Führungskräften wesentlicher Faktor von erfolgreicher Projektarbeit ebenso wie der eigenen beruflichen Weiterentwicklung. Neben der traditionellen Kontaktpflege auf persönlicher Basis, die nicht selten außerhalb des eigentlichen Berufsleben in der Freizeit zwischen “Hotelbar und Golfplatz“ stattfindet, nehmen zunehmend auch Netzwerke auf der Basis sozialer Medien eine wichtige Rolle ein. Hierbei ist die Grenze zwischen Beruf und Privatleben vielfach unscharf geworden.

(Foto: VdF NRW)

Auch im Bereich behördlicher Strukturen gewinnen diese Netzwerke zunehmend an Bedeutung, sicherlich in besonderem Maße bei der jüngeren Generation. Die Nutzung von Netzwerken nicht nur für interpersonale Kontakte, die ja eher vom persönlichen Eigeninteresse getragen sind, sondern für Weiterentwicklungen auch von behördlichen Strukturen in Gänze erscheint im Vergleich zu kommerziellen Dienstleistern oder auch zur Industrie eher gering. Dies betrifft nicht nur hauptberufliche Einrichtungen, sondern auch die Gesamtheit der ehrenamtlichen öffentlichen Gefahrenabwehr wie die Freiwilligen Feuerwehren und Hilfsorganisationen. Dabei ließen sich über fokussierte Netzwerkbildung durchaus auch relevante Entwicklungen induzieren, um bestimmte defizitäre Themen aktiv voranzubringen.

(Foto: VdF NRW)

Ein exzellentes Beispiel hierfür ist die Projektarbeit zur Förderung von Frauen in der Feuerwehr in Nordrhein-Westfalen. Hier wurde mit Fördermitteln aus dem Ministerium des Innern NRW im Verband der Feuerwehren NRW 2018 das Projekt „Frauen in der Feuerwehr NRW“ ins Leben gerufen. Im Vergleich zur sonstigen Gefahrenabwehr sind Feuerwehrfrauen deutschlandweit erheblich unterrepräsentiert und stellen hier landesweit in NRW weniger als 10% der Freiwilligen und weniger als 2% der Berufsfeuerwehrkräfte. Die Gründe hierfür mögen sicher vielfältig sein und Veränderungen erfordern Maßnahmen auf allen Ebenen.

(Foto: VdF NRW)

Ein wesentlicher Aspekt hierbei ist auch, dass vielerorts Frauen in der Feuerwehr mit ihrer Stellung vergleichsweise alleine sind und ein Austausch mit anderen Feuerwehrfrauen aufgrund der streng lokalen Strukturen der Feuerwehr oftmals kaum möglich ist, was naturgemäß den Zugang zur Feuerwehr für junge Frauen wiederum erschwert. Im Rahmen der Frauen-Projektarbeit im Verband der Feuerwehren NRW wurde deshalb das Netzwerk „Florentine NRW“ ins Leben gerufen, das als landesweite Plattform erstmals den Austausch von Feuerwehrfrauen über die engen Grenzen der eigenen Einheit hinaus möglich macht. Benannt nach der weiblichen Form des „heiligen Florian“, Schutzpatron der Feuerwehr, steht das Netzwerk als Plattform für Information, Kommunikation und Diskussion rund um das Thema „Frauen in der Feuerwehr in NRW“ allen am Thema Interessierten offen. Ziel ist es dabei, Feuerwehrfrauen als gleichberechtigte Einsatz- und Führungskräfte in allen Feuerwehren zu unterstützen und deren Interessen zu vertreten. In diesem stetig wachsenden Netzwerk finden sich im Gegensatz zu den typischen beruflichen Netzwerken nicht überwiegend Führungskräfte, sondern Angehörige aller Funktionsbereiche und Dienstgrade.

(Foto: VdF NRW)

Weiterer wesentlicher Unterschied zu den persönlichen Netzwerken einzelner ist die Moderation durch die Projektleitung des Verbands der Feuerwehren NRW. Neben der interpersonalen Kommunikation finden im Netzwerk „Florentine NRW“ moderierte monatliche Online-Treffen statt, in denen über aktuelle Themen informiert und diese diskutiert werden. Darüber hinaus stellt das Netzwerk die Plattform für frauenspezifische Angebote zur Aus- und Fortbildung dar, dies sowohl als Online-Veranstaltungen wie auch großen Präsenz-Seminaren. Gerade die Online-Fortbildungen schaffen einen einfachen Zugang für die über das ganze Bundesland verteilten Teilnehmerinnen, der mit Präsenzangeboten allein kaum möglich wäre. Aus- und Fortbildungen nur für Feuerwehrfrauen mögen zwar in der heutigen Zeit der Gendergerechtigkeit auf den ersten Blick veraltet erscheinen und werden manches Mal sogar als „diskriminierend“ durch männliche Feuerwehrführungskräfte bezeichnet, erlauben aber besonders denjenigen Feuerwehrfrauen, die nahezu ausschließlich männlichen Kollegen in ihren Einheiten gegenüberstehen, ein einfacheres und unbefangeneres Lernen und Trainieren. 

(Foto: VdF NRW)

Mit mittlerweile mehr als 700 Netzwerkenden im Netzwerk „Florentine NRW“ wird das Netzwerk von Monat zu Monat größer und beweist eindrucksvoll, dass auch im Bereich der Gefahrenabwehr die heutigen Möglichkeiten der Kommunikation und Interaktion in spezifischen Netzwerken über alle Distanzen hinweg für die Entwicklung von konkreten Themen hocheffektiv sein kann und einen wichtigen Weg für die Zukunft darstellt.

Birgit Kill, Jahrgang 1971, hat eine Ausbildung zur Krankenschwester absolviert und war von 1993 bis 2014 als Operationsschwester am Universitätsklinikum Marburg tätig. Von 2014 bis 2018 war Birgit Kill Feuerwehrfrau in der Werkfeuerwehr des Universitätsklinikum Marburg und seit 2018 ist sie Projektkoordinatorin „Frauen in der Feuerwehr“ beim Verband der Feuerwehren Nordrhein-Westfalen (VdF NRW). Außerdem ist sie Aktives Mitglied in der Feuerwehr Essen.

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