Projekt CO2InnO
Die Notwendigkeit, klimaneutral zu werden und nachhaltiger zu leben, ist inzwischen (fast) überall angekommen und wurde mittlerweile auch rechtlich verankert: Die EU soll bis 2050 klimaneutral werden und Deutschland hat sich sogar zum Ziel gesetzt, die Klimaneutralität bereits bis 2045 zu erreichen (§ 1 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Insbesondere dem Staat, den Ländern und Kommunen kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Ein Beispiel hierfür ist das Land Baden-Württemberg, das sich zum Ziel gesetzt hat, die Landesverwaltung bis zum Jahr 2030 netto-treibhausgasneutral zu gestalten.
Der Wille und die Bemühungen für eine Transformation sind vorhanden, aber oft fehlt es zum einen an passenden Technologien oder diese sind einfach noch nicht reif genug, um großflächig implementiert zu werden. Außerdem stellt die rechtlich-administrative Umsetzung die Verwaltung bei neuen Technologien vor ungeahnte Herausforderungen, die sich in aufwändigen und langsamen Genehmigungsprozessen niederschlagen. Hier spielt die angewandte Forschung eine wichtige Rolle: Lösungen aufzeigen und prüfen, wie diese umgesetzt werden können, damit die Ziele der Klimaneutralität und Nachhaltigkeit erreicht werden.
Genau das ist das Ziel des von der Europäischen Union kofinanzierten INTERREG-Projekts CO2InnO. Es handelt sich um ein grenzüberschreitendes Projekt, das die Emissionsreduktion sowohl in Frankreich als auch in Deutschland zum Ziel hat. Kernaspekt des Projektes ist ein wasserstoffbetriebenes Blockheizkraftwerk (BHKW), das von der Hochschule Karlsruhe erforscht wird. Ein Blockheizkraftwerk (BHKW) ist eine Anlage, die gleichzeitig Strom und Wärme aus einer Energiequelle erzeugt. Es nutzt die Abwärme, die bei der Stromerzeugung entsteht, zur Beheizung von Gebäuden oder zur Warmwasserbereitung, wodurch der Wirkungsgrad deutlich erhöht wird. BHKWs tragen zur dezentralen Energieversorgung und zur Reduktion von CO₂-Emissionen bei. Dank der anhand eines Demonstrators gesammelten Erfahrungen und Daten wird geprüft, ob dieses BHKW in Gemeinden und Kommunen in der Grenzregion implementiert werden kann. Um eine realitätsnahe Simulation zu erreichen wird die Modellierung des BHKW anhand von Realdaten der Stadt Offenburg durchgeführt.
Allerdings stellt die Verfügbarkeit des Energieträgers Wasserstoff beteiligte Akteure in Deutschland vor eine Herausforderung: Da Deutschland auf grünen Wasserstoff (Wasserstoff, der durch Elektrolyse mit Strom aus erneuerbaren Energien produziert wird) setzt, steht das Land vor der Herausforderung, den Ausbau erneuerbarer Energieanlagen voranzutreiben und die nötige Infrastruktur aufzubauen.
Die Université de Strasbourg erforscht deshalb, wie der Rückbau des Atomkraftwerks Fessenheim in Frankreich diesen Standort für die Wasserstoffproduktion und den Einsatz der BHKWs nutzbar machen könnte. Damit einher geht auch die Akzeptanzforschung, die das KIT-DFIU (Karlsruher Institut für Technologie – Deutsch-Französisches Institut für Umweltforschung) leitet. Es sollen dabei die gesellschaftliche Akzeptanz und die Umsetzbarkeit von Wasserstofftechnologien und speziell des Wasserstoff-BHKWs untersucht werden.
Eine weitere Nutzung des durch das BHKW produzierten Stroms ist die Kopplung mit dem Verkehrssektor, um die Emissionen dieses Sektors ebenfalls zu reduzieren. Um den Ausbau der Elektromobilität zu unterstützen, untersucht die Universität Freiburg, neben der Koordination des Projekts, die Ladeinfrastruktur im Oberrheingebiet, analysiert den aktuellen Stand der Ladeinfrastruktur und leitet Handlungsempfehlungen für die Dekarbonisierung des Verkehrssektors ab.
Die gesamte Steuerung des Stroms und des Wasserstoffs zur Steigerung der Energieeffizienz kann nur durch intelligente Messsysteme – sogenannte Smart Meter – realisiert werden, die großflächig installiert werden sollen und auch Cybersicherheitsstandards erfüllen müssen, da der Energiesektor ein Ziel für Cyberangriffe ist. Diese Aspekte werden von der Université de Haute-Alsace erforscht und untersucht. Um sicherzustellen, dass der Ausbau neuer Technologien und Projekte nicht an rechtlichen Regelungen scheitert bzw. deren Umsetzung ermöglicht wird, bearbeitet die Hochschule Kehl die juristischen und administrativen Aspekte des gesamten Projekts.
Das Projekt CO2InnO hat am 1. Oktober 2022 begonnen und läuft bis zum 30. September 2025. Nach zwei Jahren Projektlaufzeit sind bereits erste Ergebnisse sichtbar und Herausforderungen wurden offengelegt. Eines ist jedoch bereits sicher: Die Kommunen spielen eine tragende Rolle bei der Umsetzung solcher Projekte, die die Koordination vieler Akteure erfordern, sowie beim Aufbau der passenden Infrastruktur und der Akzeptanz durch die betroffene Bevölkerung.
Philipp Boetzelen arbeitet als Forschungsreferent im Kehler Institut für Angewandte Forschung.
Bénédicte Laroze, LL.M. arbeitet am Kehler Institut für Angewandte Forschung der Hochschule Kehl. Dort ist sie für die INTERREG-Projekte CO2InnO und ASIMUTE zuständig und erforscht juristische und administrative Aspekte der grenzüberschreitenden Energiewende in deutschem und französischem Recht.
Âdem Uğurlu ist Projektkoordinator des Interreg-Projektes CO2InnO an der Uni Freiburg und forscht zudem im Rahmen des Projekts an der E-Mobilität im Oberrheingebiet.