Samstag, 20. April 2024

Generelle Wachsamkeit

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Tanja Klement
Tanja Klement
Tanja Klement kümmert sich um Social Media und Podcast. Nach Feierabend sitzt sie gerne noch an der Nähmaschine.

Auch wenn gerade die Plattform Twitter dafür bekannt ist, dass sich die Nutzer innerhalb kleiner Bubbles bewegen, mit Fakenews und Trollen haben alle dieser Gruppen zu kämpfen. Aktuell wohl kaum eine mehr, als die SiPol- und die Miltwitter-Bubble. Also die Bubbles zu Sicherheitspolitik und Militärthemen. Darüber sprechen wir mit Jessica Nies.

In unseren Portraits wollen wir unsere Gäst*innen natürlich auch ein bisschen kennen lernen. Wie alt bist du, wo kommst du her und wie bist du in der Sicherheits-Sparte gelandet?

Ich bin 31 Jahre alt, wohne als gebürtige Hessin nun im wunderbaren Berlin. Schon während meines Studiums habe ich mich für Sicherheitspolitik interessiert und dementsprechend nach meinen Interessen mein Studium und meine ehrenamtliche Arbeit ausgerichtet.

Du bist Sprecherin der Jungen GSP und Leiterin der GSP Berlin. Was genau macht denn die GSP und was sind deine Aufgaben?

Der sicherheitspolitische Bereich ist oftmals voll von Abkürzungen, also dröseln wir das mal auf: GSP steht für Gesellschaft für Sicherheitspolitik e.V. und ist einer der größten und ältesten sicherheitspolitischen Vereine in Deutschland – in diesem Jahr feiern wir schon das 70. Jubiläum! Wichtig bei der Gesellschaft für Sicherheitspolitik: Wir sind überparteilich, werden von der Bundesregierung gefördert und unsere Hauptanliegen sind sicherheitspolitische Bildungsformate anzubieten und jede interessierte Person für Themen rund um Sicherheitspolitik zu begeistern. Deutlich gesagt: Wir wollen möglichst allen, egal mit welchem beruflichen oder politischen Background, ein breites und informatives Veranstaltungsangebot zu relevanten sicherheitspolitischen Themen liefern.

Wir haben über 4000 Mitglieder bundesweit und sind in 60 Sektionen organisiert. Die Berliner Sektion habe ich als erste Frau 2019 übernommen und seitdem habe ich gemeinsam mit meinem Team, alle unter 35 by the way, das Ziel ein möglichst breites und buntes Themenangebot für unsere Mitglieder und generell interessierte Personen zusammenzustellen. Meine Aufgaben haben sich hier dahingehend über die letzten Jahre verändert, als dass ich glücklicherweise nun ein großes Team habe, dass mich unterstützt. Neben der Veranstaltungsorganisation und Veranstaltungsdurchführung suchen wir immer nach neuen und interessanten Themen und Personen im sicherheitspolitischen Bereich, die für kommende Veranstaltungen infrage kommen könnten. Natürlich ist auch die Mitgliederbetreuung eine vielfältige Aufgabe und hier bin ich auch sehr froh über die Hilfe aus meinem Team.

Wohlgemerkt machen wir das alles ehrenamtlich – und es macht unglaublich viel Freude!
Die Funktion „Sprecher JGSP“ teile ich mir mit meinem Teamkollegen Stephan Klaus. Wir haben seit 2019 die Aufgabe eine Jugendorganisation in der Gesellschaft für Sicherheitspolitik aufzubauen und zu etablieren. Hier wollen wir junge Menschen dafür begeistern sich für die GSP in Ihrer Sektion zu engagieren und mit Formaten speziell für die Zielgruppe U35 die GSP attraktiver zu gestalten. Natürlich stellt der Aufbau einer Jugendorganisation während einer Pandemie eine Herausforderung dar, doch hier konnten wir grade mit digitalen Formaten auf uns aufmerksam machen und haben bereits erfolgreich eine Veranstaltungsreihe mit dem Bundesministerium der Verteidigung zu den Auslandseinsätzen der Bundeswehr durchgeführt, mit der Wehrbeauftragen des deutschen Bundestages eine digitale Diskussion geführt, über die „Dienstpflicht“ gesprochen und mit dem Jugendforum Sicherheitspolitik im vergangenen Herbst eine besondere Präsenzveranstaltung für junge Menschen, die sich für Sicherheitspolitik interessieren, durchgeführt. Und unsere Bemühungen scheinen sich zu lohnen: Wir haben unsere Mitgliedzahlen U35 in den letzten beiden Jahren mehr als verdoppeln können!

Das Thema Sicherheit und Verteidigung begleitet dich ja auch auf Social Media. Vielleicht kennen dich ja ein paar unserer Leser*innen auch von deinen Beiträgen zur #Miltwitter-Bubble. Welche Themen finden sich denn hauptsächlich in deinem Twitter-Feed?

Hauptsächlich geht es bei mir um tagespolitische Entwicklungen im sicherheits- und verteidigungspolitischen Bereich – hier aktuell der Krieg in der Ukraine oder das Sondervermögen für die Bundeswehr. Generell sind aber auch Themen rund um Diversität in der Sipol-Bubble für mich wichtig, dazu äußere ich mich auch gerne. Was mir wichtig ist: das Ganze nicht zu ernst nehmen, ohne den impact von sozialen Medien außer Acht zu lassen. Aber Humorvolles muss auch mal sein, so werden mich einige sicherlich als kulinarische Expertin für Fleischsalat kennen.

Aktuell beschäftigen wir uns für f4p mit Fakenews und Desinformation. Da haben wir zwar schon länger geplant, aber mit dem Ukraine-Krieg und den vorangehenden Spannungen in den Wochen davor, haben falsche Informationen und gefälschte Videos und Bilder in den Sozialen Medien ja nochmal eine ganz andere Bedeutung gewonnen. Macht sich das auch innerhalb der Bubble bemerkbar?

Absolut, mein Feed ist voll von Bildern und Videos zu und aus dem Konflikt. Der Zugang zu Informationen und Bildmaterial scheint unendlich, sodass es noch wichtiger ist, dass man das, was einem angezeigt wird konstant hinterfragt. Viral gingen beispielsweise das Deepfake-Video von dem ukrainischen Präsident Selenskyj, der vermeintlich seinen Truppen die Kapitulation nahelegt oder ganz frisch das Video von russischen Soldaten in Gefangenschaft, denen maßgeblich ukrainische Soldaten Schussverletzungen zufügen.

Wie gehst du persönlich mit Meldungen um, die von Accounts/Kanälen kommen, die du bisher nicht kanntest? Oder mit Beiträgen, die viel geteilt werden?

Zunächst einmal versuche ich eine sachliche Einordnung: was oder wer wird gezeigt, was ist die Message, die verbreitet wird und wo soll das Ereignis stattgefunden haben. Dann schaue ich mir den Account an und die dort verfügbaren Informationen: Wie viele Follower*innen hat die Person und woher kommen diese Follower*innen. Wird der Inhalt des Accounts von etablierten und überprüften Accounts geteilt und wie sieht die Kommentarspalte unter einem Post aus? Wenn es sich um Einzelpersonen handelt, vielleicht mal Google anschmeißen und schauen, was bei der Schnellrecherche rauskommt. Ich persönlich halte es recht strikt: Folgt der Person/ Institution wirklich keiner aus meinem Netzwerk, sind die Inhalte fragwürdig und werden nicht von etablierten staatlichen Medien geteilt, teile ich sie ebenfalls nicht. Am Ende des Tages ist es wichtig in den sozialen Netzwerken die Inhalte nicht ungefragt zu teilen, sondern sich selbst und die Inhalte zu hinterfragen.

Und wie hat sich deine Interaktion mit User*innen, die nicht aus dem Sicherheits- und Verteidigungsbereich kommen verändert?

Gar nicht – in meiner ehrenamtlichen Arbeit ist es für mich total normal im Gespräch mit Personen zu sein, die kaum oder gar keine Kenntnisse über Sicherheitspolitik haben. Ich freue mich sehr, dass das Thema mehr Aufmerksamkeit erfährt.

Inwiefern beeinflusst die aktuelle Situation deine ehrenamtliche Tätigkeit?

Das Interesse ist massiv gestiegen an sicherheitspolitischen und verteidigungspolitischen Themen.Im Familien- und Freundeskreis werde ich nun häufiger gefragt, wie ich Situationen einschätze und was Entscheidungen, wie beispielsweise das geplante Sondervermögen für die Bundeswehr, denn eigentlich bedeuten. Auch die Diskussionen über den Ukrainekrieg werden intensiver geführt. Im Allgemeinen ist das Interesse an Sicherheitspolitik gestiegen, was sich auch an den höheren Teilnehmerzahlen bei Veranstaltungen der GSP zeigt.

Zum Abschluss darfst du dir noch was wünschen: Was sollten User*innen aber auch Plattformbetreiber in Bezug auf Fakenews und Desinformationen verändern/beachten/einführen?

Möglichkeitenwäre hier seitens der Plattformbetreiber beispielsweise eine Klarnamenpflicht  einzuführen und eine strikte Haltung seitens der Betreiber bei Verstößen durch die Nutzer – Sanktionen müssen konsequent durchgesetzt werden, wenn Desinformationen und Fakenews verbreitet werden. Seitens der User*innen sollte eine generelle Wachsamkeit gegenüber den Inhalten auf den sozialen Netzwerken herrschen.

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