Freitag, 19. April 2024

Wer zahlt für die kommenden Generationen?

Deutschland ein Mehrgenrationenhaus

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Jonas Benecke
Jonas Benecke
Jonas Benecke ist Werkstudent beim Behörden Spiegel und unterstützt die Online Redaktion beim Audio- und Videoschnitt, sowie bei Recherchearbeiten und der Vorbereitung von F4p Beiträgen. In seiner Freizeit produziert er gerne Musik und arbeitet an eigenen Remixes.

In Deutschland braucht es ein Umdenken in Bezug auf die Rentenfinanzierung. Sowohl Expert*innen als auch Politiker*innen sind sich darüber einig. Seitens der Politik wurde dieses Jahr bereits der Startschuss für das Projekt Generationenkapital gegeben. 

Aktuelle Rentenfinanzierung

Aktuell gilt für alle deutschen Rentenzahler*innen noch der Generationenvertrag. Dieses Prinzip der Rentenversicherung basiert auf einem Verfahren, was die Beiträge der Rentenzahler*innen umlegt, anstatt sie anzulegen. Arbeitnehmer*innen oder bestimmte Selbstständige zahlen Beiträge in die Rentenkasse ein. Diese werden nicht privat für die/den jeweilige*n Einzahler*in angelegt, sondern von ihnen werden direkt die Renten der aktuellen Rentner*innen bezahlt. Für die/den Einzelne*n entsteht jedoch auch ein Vorteil durch das eigene Einzahlen. Abhängig von der Höhe des jährlichen Verdienstes kann man Entgeldpunkte auf sein Rentenkonto erhalten. Ein Punkt ist dabei etwa 30 Euro wert und wer mehr als das Durchschnittseinkommen verdient, erhält jährlich mehr Punkte, umgekehrt weniger, wenn das Einkommen unter dem Durschnitt liegt. Durch das kontinuierliche Einzahlen in die Rentenkasse wird der Rechtsanspruch auf die eigene Rente erworben. 

Der aktuelle Beitragssatz liegt bei 18,6 Prozent. Jeweils 9,3 Prozent von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite. Zusätzlich dazu wird die Rentenkasse durch Zuschüsse des Bundes finanziert. Im vergangenen Jahr waren das mehr als 100 Milliarden Euro, etwa ein Viertel des Bundeshaushalts. 

Probleme der Finanzierung

Das Problem am Generationenvertrag, der an sich ein sehr solidarisches und soziales Prinzip ist, ist der demographische Wandel. Dadurch, dass immer mehr Rentner*innen auf immer weniger Rentenzahler*innen kommen, erhöht sich die Last auf den Schultern der Einzahlenden. Während 2020 auf 100 Einzahlende 57 Rentner*innen kamen, wird sich diese Zahl bis 2050 auf 77 Rentner*innen pro 100 Einzahlende erhöhen. Das Verhältnis bewegt sich aufgrund der alternden Gesellschaft also auf eins zu eins zu. Über die vergangenen Jahrzehnte wurde die Rentenhöhe stets an das aktuelle Lohnniveau nach oben hin angepasst und Rentenkürzungen blieben aus. Dadurch vergrößerte sich das Defizit in der Rentenkasse stetig. Zudem sprach die Bundesregierung Garantien für Beitrags- und Rentenhöhe aus. Bis 2025 darf der Prozentsatz von 18,6  nicht überschritten werden und das Rentenniveau darf nicht unter 48 Prozent des aktuellen Durchschnittgehalts fallen. 

Diskussionen rund um die Rentenreform beschäftigten sich bisher mit Lösungsansätzen, wie z.B. einer Anhebung der Beitragssätze, Erhöhung des Renteneintrittsalters oder einer verpflichtenden gesetzlichen Versicherung für Selbstständige und Beamt*innen, sodass mehr Beitragszahler*innen zur Verfügung stehen.  

Das neue Konzept

Finanzminister Christian Lindner stellte Anfang des Jahres jedoch ein noch nicht da gewesenes Konzept vor: das Generationenkapital. Der grundsätzliche Gedanke ist dabei, dass der Bund einen Kapitalstock aufbaut, das heißt einen Betrag von zunächst 10 Milliarden Euro anlegt, sodass dieser ab Mitte der 30er Jahre die Rentenbeiträge stabilisiert und die jüngere Generation entlastet. Sollten die geplanten Anlagen mal weniger Rendite abwerfen, so könne man immer noch aus dem Bundeshaushalt kompensieren. 

Das Geld wird in einem ersten Schritt nun über eine Stiftung breit und langfristig am Kapitalmarkt angelegt. Auch Staatsanleihen, d.h. dem Staat durch einzelne Käufer*innen zur Verfügung gestelltes Geld, sollen auf die Stiftung übertragen werden können. Die daraus gewonnene Rendite wird von der Rentenversicherung gesichert. Lindner betont, dass man die Erträge per Gesetz nicht zu früh, bedeutet nicht vor 2037, aus den Anlagen entnehmen sollte, damit man auch von Zinseszins profitieren könne. Bei den Investitionen gehe es zudem nicht um die maximale Rendite, die mit hohem Risiko verbunden wäre, sondern um stabile und profitable Anlagen. Dabei werde auch in soziale und nachhaltige Kriterien angelegt. In den kommenden Jahren soll bereits der niedrige zweistellige Betrag zu einem dreistelligen ausgebaut werden.  

Zusätzlich zum angelegten Kapitalstock arbeitet die Bundesregierung an der Organisation einer vernünftigen Einwanderungspolitik in den deutschen Arbeitsmarkt, daran die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern und mehr Anreize für einen längeren Verbleib im Arbeitsleben zu geben. Diese Änderungen würden nachhaltig gegen das Problem des demographischen Wandels und für mehr und länger zahlende Beitragszahler*innen sorgen. 

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