Ein Urteil wird „im Namen des Volkes“ gefällt. Aber was bedeutet das eigentlich? Die Beteiligung des Volkes an der Rechtsprechung ist in unserem Grundgesetz fest verankert. Deswegen sind nicht nur Berufsrichter*innen, sondern vielfach auch Bürger*innen ohne juristische Vorbildung, sogenannte ehrenamtliche Richter*innen, an Gerichtsverfahren beteiligt. Am bekanntesten ist der Einsatz von ehrenamtlichen Richter*innen an den Strafgerichten der Amts- und Landgerichte, hier werden sie Schöff*innen genannt. In Verhandlungen gegen Jugendliche (14 bis 18 Jahren) und Heranwachsende (18 bis 21 Jahren) werden sie auch als Jugendschöff*innen bezeichnet.
Grundsätzlich kann jede*r Deutsche zum Schöffenamt berufen werden. Alle fünf Jahre stellen dafür die Gemeinden Vorschlagslisten auf, die im nächsten Schritt vom Schöffenausschuss des jeweiligen Amtsgerichts beraten werden. Anschließend wird die erforderliche Zahl an Schöff*innen gewählt. Ist ein*e Schöff*in gewählt, kann sie oder er das Amt grundsätzlich nicht ablehnen. Es ist ein Ehrenamt und die Annahme ist Staatsbürgerpflicht. Das richterliche Ehrenamt ist ein zentraler Bestandteil unseres demokratischen Rechtsstaats. Dank den Schöff*innen wird ein Sachverhalt nicht nur aus dem juristischen Blickwinkel betrachtet, sondern sie bereichern mit ihrer Lebens- und Berufserfahrung die Urteilsfindung. Sie urteilen mit denselben Rechten und Pflichten über Schuld und Unschuld der Angeklagten und gegebenenfalls über das Strafmaß wie Berufsrichter*innen. Dabei sind die Schöff*innen wie die Richter*innen unabhängig und nur Recht und Gesetz unterworfen.
Mit Beginn der Hauptverhandlung sind Schöff*innen am Strafverfahren beteiligt. So werden sie in den Strafsachen erster Instanz bei den Amts- und Landgerichten eingesetzt sowie bei den Berufungsverfahren am Landgericht. In den Gerichtsverhandlungen werden sie immer zu zweit eingesetzt.
Bei Verfahren am Amtsgericht kommen Schöff*innen im Schöffengericht zum Einsatz. Das Schöffengericht verhandelt Straftaten mittleren Schweregrades. Die Strafgewalt umfasst Geldstrafe und Freiheitsstrafe bis zu vier Jahren. Eine vergleichbare Gerichtsorganisation findet man beim Amtsgericht für Jugendstrafsachen. Das Jugendschöffengericht darf u. a. zu einer Jugendstrafe bis zu zehn Jahren verurteilen und die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus anordnen. Das Schöffengericht bzw. Jugendschöffengericht ist jeweils mit einem oder einer Berufsrichter*in und zwei (Jugend-)Schöff*innen besetzt.
Das Landgericht verhandelt mit der Großen Strafkammer als erstinstanzliches Gericht Straftaten, bei denen Angeklagte eine Freiheitsstrafe von über vier Jahren zu erwarten haben oder die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder Sicherungsverwahrung in Betracht kommt. Die Große Strafkammer ist mit drei Berufsrichter*innen und zwei Schöff*innen besetzt. Wird gegen das Strafurteil eines Amtsgerichts Berufung eingelegt, so ist das Landgericht zuständig. Als Rechtsmittelinstanz verhandelt die kleine Strafkammer, bestehend aus einer Berufsrichter*in und zwei Schöff*innen. Sie entscheiden über erstinstanzliche Urteile sowohl der Strafrichter*in wie auch des Schöffengerichts der Amtsgerichte.
Auch am Landgericht sind Jugendschöff*innen tätig. In der Großen Jugendstrafkammer entscheiden sie in erster Instanz über alle Straftaten von Jugendlichen, die bei Erwachsenen Angeklagten vom Schwurgericht behandelt worden wären oder aufgrund des Umfangs vom Jugendschöffengericht übernommen wurden.
Ohne das Engagement ehrenamtlich tätiger Bürger*innen käme also auch die Justiz nicht aus. Durch die Mitwirkung von Schöff*innen wird eine lebensnahe Rechtsprechung geschaffen, die dazu beiträgt, das Vertrauen in unseren Rechtsstaat zu stärken.

Christian Heinz ist seit dem 18. Januar 2024 Hessischer Minister der Justiz und für den Rechtsstaat. Er ist seit 2010 Mitglied des Hessischen Landtages für den Wahlkreis Main-Taunus I. Als Landtagsabgeordneter war er unter anderem Mitglied des Rechtsausschusses und des Innenausschusses, außerdem war er Vorsitzender im Untersuchungsausschuss zum Mord an Dr. Walter Lübcke. Christian Heinz lebt mit seiner Familie in Eppstein.