Donnerstag, 25. April 2024

Verwaltung braucht Vielfalt – Vielfalt braucht Verwaltung!

Zero Discrimination

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Gestalten wir die Zukunft gemeinsam – New Work live

In Vielfalt vereint! Dieses Motto sollte von steigender Bedeutung für das Leben und Wirken in der EU  und in unseren Organisationen angesichts der Herausforderungen des Demografischen Wandels, der Digitalisierung, der Dekarbonisierung und von zunehmender Diversität sein. Unsere Welt und unser Personal werden nicht zuletzt durch die Europäisierung und Internationalisierung bunter. Gleichzeitig erfordern der Wandel in der Arbeitswelt (New Work) sowie ein Wertewandel in der Gesellschaft und zwischen den Generationen innovative Ideen und Lösungsansätze.

New Work lebt einerseits von einer stärkeren Bürger*nnen-Zentrierung bei Konzeptentwicklungen, andererseits aber auch von sinnstiftenden Tätigkeiten, von der Eigenverantwortung und Partizipation der Beschäftigten an Prozessen bzw. der Entwicklung von innovativen Lösungsansätzen. Auch angesichts einer steigenden Komplexität der Themen und neuen Aufgaben werden vielfältige und unterschiedliche Kompetenzen der Beschäftigten benötigt. Die Komplexität steigt ständig und es muss vorausschauend reagiert und nahezu zeitgleich und schnell agiert werden. Der Mix an Gemeinsamkeiten und Unterschieden der Kompetenzen unserer Beschäftigten ist ein Erfolgsfaktor! Unterstützt von (it-gestützten) agilen und neuen partizipativen Arbeitsformen können  Kompetenzen stärkenorientiert eingebracht werden und sich voll entfalten. Insofern lassen sich verschiedene Aspekte des Wandels in der Arbeitswelt in einem ganzheitlichen Ansatz gut verbinden, wie es die nachstehende Abb. 1 verdeutlicht. Vielfalt gehört zu New Work dazu.

(Grafik: Eigene Darstellung)

Verwaltung braucht Vielfalt

Innovationsfähigkeit sowie effektives und effizientes Verwaltungshandeln sind schon einmal ein wesentlicher Grund, warum wir Vielfalt und damit eine bunte Belegschaft brauchen. Immerhin werden unsere Bürger*innen aber auch unsere Kolleg*innen mit Blick auf Alter, ethnische Herkunft und Nationalität, Geschlecht und geschlechtliche Identität, körperliche und geistige Fähigkeiten, Religion und Weltanschauung, sexuelle Orientierung und soziale Herkunft immer bunter. Es gilt, Demografie, Diversität, Dekarbonisierung und Digitalisierung „zusammen zu denken“ und strategisch in der jeweiligen Geschäfts- und Personalpolitik zu verankern. Es werden zum Beispiel zunehmend mehrere Generationen gleichzeitig zusammenarbeiten und lernen, die interkulturelle Öffnung muss gefördert werden, Fragen von Vereinbarkeit von Beruf und Familie/Privatleben werden  im Kontext unterschiedlicher partnerschaftlicher Lebensmodelle gestellt werden. Das sind nur wenige Beispiele.

Die junge Generation stellt veränderte Erwartungshaltungen an Life-Balance aber auch an eine von Wertschätzung, Akzeptanz und diskriminierungsfreie Kultur. Ein in(c)klusives Betriebsklima, unabhängig vom jeweiligen „Diversitätsmerkmal“, ist wichtig, um sich für Arbeitgeber*innen zu entscheiden und dort zu bleiben. Führung und Zusammenarbeit „auf Augenhöhe“ sind eine wichtige Grundlage zur Förderung einer so gelebten Kultur. So hat zum Beispiel das BMFSFJ u.a. in den neuen Grundsätzen für Führung und Zusammenarbeit die Förderung von Vielfalt, Akzeptanz von Vielfalt und Unterschiedlichkeit sowie den Zusammenhalt im Team als Anforderungen für Führungskräfte und Beschäftigte aufgenommen. Zusammenhalt im Team ist wichtiger als je zuvor, um sich auch als resiliente Organisation in Krisenzeiten zu positionieren. Neben den fachlich-methodischen Kompetenzen sind daher die sozialen, personalen und kommunikativen Kompetenzen bei den Beschäftigten wichtig – gerne auch Soft Skills genannt.

Gleichstellung und Chancengleichheit sind entscheidende Stellhebel für individuelles Engagement und das Wohlbefinden am Arbeitsplatz . Es gibt daher gute Gründe für die Entwicklung von Diversitätsstrategien in Behörden, auch als Teil der Arbeitgebermarke Verwaltung:

  • Wir wollen mit den Mitarbeitenden, den Bürger*innen und allen Stakeholdern vorurteilsfrei zusammenarbeiten und entsprechend agieren. Vielfalt und Unterschiedlichkeit sind wichtig, um die komplexen Herausforderungen der Zukunft zu meistern.
  • Wir fördern Chancengleichheit insbesondere bei der Personalauswahl und Personalentwicklung. Wir fördern und setzen die Kompetenzvielfalt unserer Beschäftigten mit Blick auf die Erwartungen der Bürger*innen gezielt ein. Wir machen das Beste aus den Unterschieden und Gemeinsamkeiten.
  • Wir fördern eine in(c)klusive Kultur für alle Beschäftigten. Wertschätzung und Vertrauen sind die Basis, um sich als Teil der Teams zu fühlen und einen engagierten individuellen Beitrag zur gemeinsamen Zielerreichung zu leisten.
  • Agiles Arbeiten braucht Teams, die bunt und stärkenorientiert zusammengesetzt werden. Das trifft insbesondere auf (ökologische) Nachhaltigkeitsthemen zu. „Grüne Teams“ werden so noch erfolgreicher und innovativer bei der Erarbeitung von Lösungsansätzen.

Aber auch an einem anderen wichtigen Thema sollte gearbeitet werden – an unseren Denkschubladen die wir alle haben (wie zum Beispiel Altersbilder, Teilzeit, Herkunft…). Was sind unsere Denkschubladen und woher kommen sie? Und wie können wir uns diese Verzerrungen bewusst machen, um erfolgreich zu agieren? Gerade für ein erfolgreiches Diversitätsmanagement, Verhandlungen und Entscheidungen ist es notwendig, uns unserer Denkschubladen bewusst zu sein. Ziel ist es, eine von Wertschätzung, Akzeptanz sowie diskriminierungsfreie Kultur zu leben. Hier sind wir alle individuell gefordert.

(Grafik: Eigene Darstellung)

Denkschubladen können positiv wie negativ belegt sein. Ein Beispiel aus dem Bereich Teilzeit bei männlichen Kollegen im Ergebnis eines Workshops zum Thema „Unconscious Bias“:

Negativ und hinderlich: Softie, Pantoffelheld, will keine Karriere machen, unmännlich, keine Lust zuarbeiten…

Positiv und förderlich: Familienmensch, fortschrittlich, Kümmerer, modernes Rollenverständnis von Familienarbeit…

Es ist immer hilfreich, die eigenen Denkschubladen (bewusste wie unbewusste) zu kennen und sich zu hinterfragen – nur weil etwas oder jemand anders als ich ist. Ebenso ist es förderlich, in und nach bestimmten Situationen darüber zu reflektieren, ob ich fair mit anderen umgehe oder ob ich mir ggf. wegen meines Bildes von bestimmten Gruppen selbst im Wege stehe. Dies verlangt ein hohes Maß an Selbstreflektion und die Bereitschaft zur persönlichen Veränderung. Es ist nicht immer einfach das Kopfkino „auszuschalten“ – das lässt sich aber trainieren. Deshalb gibt es in vielen Unternehmen und Verwaltungen zunehmend auch Qualifizierungsangebote. Ein Selbstcheck ist aber auch schon hilfreich.
Verhalten und Einstellungen sind daher für „Vielfalt in der Verwaltung“ ebenso wichtig, wie Strategien, Maßnahmen und Events.

Verhalten und Einstellungen sind daher für „Vielfalt in der Verwaltung“ ebenso wichtig, wie Strategien, Maßnahmen und Events. Entscheidend ist es, wie auch bei der Digitalisierung und Dekarbonisierung, die Kultur zu verändern und sich Zeit für eine nachhaltige Implementierung zu nehmen. Viele gute und durchdachte Konzepte scheitern hier bereits in dieser Phase.

Vielfalt braucht Verwaltung

Vielfalt brauchen wir nicht nur im Innenverhältnis. Wir sind auch für die Bürger*innen oder unsere Kundschaft da, die ebenso bunt ist und noch bunter wird. Insofern lässt sich das „Personalgeschäft“ gerne mit der operativen Förderung von Vielfalt im Außenverhältnis im Sinne einer Doppelstrategie verbinden.
Die öffentliche Verwaltung positioniert sich zunehmend nicht nur als attraktive Arbeitgeberin, sondern auch „Dienstleisterin“ – je nach Aufgabenportfolio. Wie auch immer – ihr kommt eine Vorbildfunktion zu, den Diversitätsgedanken positiv in die Gesellschaft zu tragen und Vielfalt in der Gesellschaft zu leben. Gerne könnte man dies auch als Promotorenrolle bezeichnen. Gelebte Kultur, kommunizierte Erfolgsbeispiele, Impulse auch für private Arbeitgeber*innen sind kleine Mosaikbausteine hin zu einer bunten und in(c)klusiven Gesellschaft. Insofern lohnt sich der Aufwand, Ressourcen für ein professionelles Diversitätsmanagement zur Verfügung zu stellen und vom/von der Bürger*in bzw. von den Mitarbeitenden her zudenken. Hier nehmen wir dann die Forderungen von New Work und einer agilen Arbeitswelt auf.


Ihr möchtet mehr über Unconscious Bias erfahren?
Am 26.04. sprechen Dr. Beatrix Behrens und Carolin Mehnert über “Verständnis und Umgang mit unbewussten Vorurteilen am Arbeitsplatz”. Die Veranstaltung des EIPA findet online statt. Hier geht es zur Anmeldung.


(Foto: Privat)

Dr. Beatrix Behrens leitet den Bereich Organisationsmanagement an der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit und wirkt zugleich als Expertin für HRM und Public Management am European Institute of Public Administration (EIPA) in Maastricht. Zuvor hat sie langjährig den Bereich Personalpolitik und Personalentwicklung in der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit (BA) in Nürnberg geleitet. Von 2014 bis 2015 hat Dr. Behrens bei der OECD in Paris im Bereich HRM u.a. an Projekten zum Mitarbeiterengagement und zum Diversity Management mitgearbeitet. Aktuell nimmt sie auch an der Politikwerkstatt Mobile Arbeiten des BMAS teil.

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