Freitag, 19. April 2024

Von der städtischen Altdeponie zur rekultivierten Grünfläche

Mit Weitblick

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Bis Ende der 1970er Jahre wurde die an der Butzweilerstraße liegende ehemalige Kiesgrube “Butzweilerstraße Nord“ von der Stadt Köln als Deponie genutzt und mit Hausmüll, Bauschutt und Gewerbeabfällen verfüllt.

Als ehemalige Betreiberin und Eigentümerin der Fläche war die Stadt Köln zu einer ordnungsgemäßen Stilllegung der Altdeponie gesetzlich verpflichtet. Zum Schutz des Grundwassers hat die Bezirksregierung Köln, als Aufsichtsbehörde den Bau einer Oberflächenabdichtung als Stilllegungsmaßnahme gefordert.

Das Hauptziel lag in der Vermeidung der Schadstoffausbreitung in das Grundwasser und die Luft. Da die ehemalige Deponiefläche im geschützten Landschaftsbestandteil “Ossendorfer Brache“ liegt, wurden für die Realisierung der Stilllegung die Belange des Arten- und Landschaftsschutzes im besonderen Maße berücksichtigt. Hierzu gehört eine Bestandsaufnahme der Tier-und Pflanzenwelt im Vorfeld der Arbeiten, sowie eine ökologische Baubegleitung während der Gesamtmaßnahme.

Bei dieser Kartierung wurden relevante Populationen der nach der roten Liste NRW gefährdeten Kreuzkröte und des Feldschwirls (Singvogel) aufgefunden. Eine besondere Behandlung galt auch dem Großseggenried (Sauergrasgewächs), das als wertvoller und schützenswerter Biotoptyp eingestuft wurde.

Wie wird das umgesetzt?

Um die Maßnahmen für den Landschafts- und Artenschutz zu regeln, ist ein Landschaftspflegerischer Begleitplan (LBP) aufgestellt worden. Die landschaftspflegerischen Maßnahmen sahen vor, dass relevante Arten am Standort erhalten und zerstörte Biotope wieder hergestellt bzw. durch die Begrünung der neuen Deponiefläche kompensiert werden konnten. Ein gezieltes Bepflanzungskonzept und die Wiederherstellung von Biotopen dienten der Rekultivierung der Fläche.

Im Rahmen der Baumaßnahmen zur Oberflächenabdichtung der Altdeponie musste die gesamte Fläche gerodet und profiliert werden. Aufgrund der enormen Flächengröße von rund 14 Hektar ist der Bau in drei Bauabschnitten unterteilt worden. Die Ausführung erfolgte von 2018 bis Ende 2020. Durch diese Vorgehensweise konnten Lebensräume geschaffen werden, die für die Umsiedlung bedrohter Arten (z.B. Kreuzkröte) am Standort benötigt wurden.

Um die Nist-, Brut und Zufluchtsstätten der vorhandenen Tierwelt nicht zu gefährden fanden die Rodungsarbeiten ausschließlich in den Wintermonaten Oktober bis Februar statt. Jeweils in den nachfolgenden Frühjahren schloss sich auf diesen Teilflächen der Bau des Oberflächenabdichtungssystems an.

Wozu ist das gut?

Die Oberflächenabdichtung dient vorrangig dazu, dass Regen nicht in den Deponiekörper eindringt und somit keine Schadstoffe ins Grundwasser gelangen. Zusätzlich wird der Eintrag von Deponiegas (z.B. klimaschädliches Methan) in die Luft verhindert. Das Abdichtungssystem an der Butzweilerstraße besteht aus vier Komponenten.

Abb. Schematischer Aufbau der Oberflächenabdichtung

Als erste von vier Komponenten wurde auf den Abfallkörper eine gasgängige Ausgleichsschicht aufgebracht. In dieser Schicht wird das Deponiegas gesammelt und in Methanoxidationsfenster abgeführt. Dort wird das im Deponiegas enthaltene Methan umgewandelt und somit unschädlich gemacht. Die folgende Komponente ist eine Kunststoffdichtungsbahn (KDB). Diese dichtet wie der Name schon verrät den Deponiekörper ab. Als dritte Komponente wurden für die Entwässerung Kunststoff-Dränagematten verbaut. Durch diese Entwässerungsschicht kann das anfallende Regenwasser abgeleitet werden. Die oberste Komponente ist die sogenannte Rekultivierungsschicht. Diese Bodenschicht dient als Pflanzstandort für die Begrünung der ehemaligen Deponiefläche.

Für die Ausgestaltung der Fläche wurde in Anlehnung an das vorhandene Geländeprofil ein nach innen gerichtetes Gefälle hergestellt. Eine auf diese Weise im Norden entstandene Mulde wird heute als Regenwasserrückhalteteich genutzt. Durch das vorhandene Gefälle fließt der Regen oberflächlich oder über die Kunststoff-Dränagematten und die Ablaufmulden in den vorhandenen Teich. Außerhalb der Deponie wird das abgeleitete Regenwasser wieder dem Untergrund zugeleitet.

Das Bepflanzungskonzept sah eine Mischung von heimischen Gehölzarten und offenen Grünflächen vor, so wurde den Auflagen für den Arten- und Landschaftsschutz Rechnung getragen. Der Teich wertet das Landschaftsbild zusätzlich auf und schließt die naturnahe Wiederherstellung der Deponieoberfläche ab.

Und ist das ein reines Naturschutzgebiet?

Rekultivierte Altdeponie, Butzweilerstraße (Foto: Jasmin Kuhle)

Seit 2021 ist die Fläche wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. Als Bestandteil des Bürgerpark- und des Grünzug-Nord dient die Fläche als beliebtes Erholungsgebiet für Spaziergänger und Radfahrer; allerdings nur auf den dafür vorgesehenen Wegen. eine Nutzung als öffentliche Freizeitfläche ist nicht möglich. Auf dem Spazierweg wurde von der Stadt Köln ein Hinweisschild aufgestellt. Dieses informiert über die Historie der Deponie, die Bauarbeiten zur Oberflächenabdichtung und erklärt die Aspekte des Naturschutzes.

Die Zugänglichkeit für die Öffentlichkeit in die Fläche und in die Randbereiche ist derzeit noch durch Schutzzäune eingeschränkt. Hierdurch wird der neuen Vegetation Zeit zur Entfaltung gegeben und eine Wiederansiedlung der dort heimischen Tierarten gefördert.

Die Rekultivierung an der Butzweilerstraße in Köln stellt ein Beispiel für einen nachhaltigen Ansatz für die Stilllegung von Altdeponien dar. Es ist gelungen den abfallrechtlichen Pflichten zum Schutz des Grundwassers nachzukommen und gleichzeitig die Interessen des Naturschutzes umzusetzen. Durch die Ausgleichsmaßnahmen sind vielfältige Biotope für schützenwerte Arten entstanden und durch die gewählte Oberflächengestaltung ist zudem eine attraktive und bürger*innenfreundliche Anbindung an den Bürgerpark Nord geschaffen worden.

Die moderne Deponieplanung sieht heute unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit ein umfassendes Umweltmanagement mit gezielter Flächenrekultivierung vor. Dennoch sind grundsätzlich die Müllvermeidung und damit die Minimierung der erforderlichen Deponieflächen anzustreben.

Für noch mehr Informationen zu dem Projekt gibt es hier einen Link.


Jasmin Kuhle

Jasmin Kuhle ist Geografin und arbeitet bei der Unteren Boden-und Grundwasserschutzbehörde im Bereich Altdeponien und Altlastensanierung.

In ihrer Freizeit reist sie gern oder tanzt Salsa.

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