Donnerstag, 25. April 2024

Trotz Bürgergeld nicht auf Kindheit verzichten?

Mit Weitblick

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Der Führerschein, eine Sprachreise oder ein richtig gutes Rennrad. Es gibt viele Sachen und Erlebnisse, die Kinder und Jugendliche sich wünschen. Der Begriff „Nachhaltigkeit“ hört sich im Zusammenhang mit diesen Wünschen im ersten Moment komisch an. Tatsächlich haben diese Wünsche aber ganz konkrete Auswirkungen auf die Zukunft der jungen Menschen. Sie ermöglichen Chancen und Teilhabe, fördern Kompetenzen und Fähigkeiten und wecken Interessen. Deshalb ist eine Investition in die Zukunft (und das ist es ja, wenn ich eine Sprache lerne) immer auch ein Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung.

Viele dieser Wünsche hängen mit Geld zusammen, weil Anschaffungen oder auch Kurse wie Sprachkurse oder der Führerschein Geld kosten. Gerade wenn Kinder in Familien aufwachsen, die Leistungen vom Staat beziehen, ist das Geld knapp. Umso wichtiger, dass die jungen Menschen die Möglichkeit haben, selber für ihre Wünsche zu sparen. Aus Sicht der Jobcenter bringt dies auch die wertvolle Erfahrung mit, dass sich Arbeit lohnt. Der Lohn bringt neben dem Geld auch das gute Gefühl, dass die jungen Menschen sich das selber verdient haben.

Natürlich gibt es dann aber besondere Regelungen zum Einkommen und zum Vermögen, wenn staatliche Leistungen bezogen werden. Wenn Kinder und Jugendliche beispielweise in Familien aufwachsen, die Bürgergeld beziehen, gelten die entsprechenden Regelungen aus dem Sozialgesetzbuch II (SGB II). Bei den Kindern und Jugendlichen müssen wir, wie bei Erwachsenen, zwischen Vermögen und Einkommen unterscheiden.

Beim Vermögen gibt es mit dem Bürgergeld deutliche Verbesserungen. Jede Person der Bedarfsgemeinschaft hat seit dem 1. Januar 2023 einen Freibetrag in Höhe von 15.000 Euro. Bisher lag die Höchstgrenze bei 10.500 Euro. Hier gibt es keine Altersgrenze. Die Regelung gilt also auch für Kinder und Jugendliche. Und besonders wichtig: Der Freibetrag wird personenbezogen eingeräumt. Um das Prozedere zu vereinfachen, ist die Übertragung von nicht ausgenutzten Freibeträgen teilweise möglich. Kinder, die unter 25 Jahren sind, können ihr übersteigendes Vermögen (also über 15.000 EUR) nicht auf die Eltern übertragen. Die Eltern dagegen können ihr übersteigendes Vermögen sehr wohl auf das Kind übertragen.

Auch beim Einkommen gibt es Reglungen im Gesetz. Das Prinzip der Grundsicherung ist, dass Bedarfsgemeinschaften gemeinsam wirtschaften. Das bedeutet, dass Einkommen in der Regel in die Gesamtberechnung eingebracht wird. Zu beachten ist dabei aber, dass das Einkommen der Kinder vor allem dazu dienen soll, ihren Bedarf zu decken und dass ihr Einkommen grundsätzlich -bis auf das Kindergeld- nicht bei den Eltern berücksichtigt werden kann.

Und was wird angerechnet?

Bei der Ermittlung eines Bürgergeldanspruches wird erzieltes Einkommen zudem nicht immer in voller Höhe angerechnet. So kann es sein, dass unter gewissen Voraussetzungen bestimmte Einnahmen nicht bei der Ermittlung eines Bürgergeldanspruches einfließen. Je nach Einkommensart sieht das SGB II ferner sogenannte Absetzbeträge vor, bis zu denen Einnahmen nicht zu berücksichtigen sind. Das bedeutet, dass das Geld in Höhe dieser Absetzbeträge den Anspruch auf Bürgergeld nicht reduziert. Dem Kind steht also das Bürgergeld und das nicht berücksichtigte Geld (Absetzbeträge) zur Verfügung.

Für junge Menschen enthält das SGB II bereits jetzt einige solche Privilegierungen bzw. (erhöhte) Absetzbeträge.

Mit der Bürgergeldeinführung soll dies nochmals verstärkt werden. Zu beachten ist, dass die neuen Regelungen im SGB II in Bezug auf das Einkommen erst zum 01. Juli 2023 in Kraft treten werden, während viele andere Regelungen, wie zum Beispiel zum Vermögen im Rahmen der Bürgergeldeinführung, schon seit dem 01. Januar 2023 anzuwenden sind.

Wie stehts mit Mini- oder Ferienjob?

Der Nebenjob oder auch das Praktikum soll sich lohnen und die Erfahrung verstärken, dass sich eine Arbeitsaufnahme oder auch die Ausbildung lohnt. Und auch die Ungleichheit zwischen Kindern und Jugendlichen aus hilfebedürftigen Familien und solchen, die es nicht sind, wird verringert. Beispielsweise sollen sich Schülerinnen und Schüler mit dem Einkommen aus einer Beschäftigung in den Schulferien Wünsche erfüllen können, die sonst auf Grund der Hilfebedürftigkeit der Eltern nicht umsetzbar sind.

Die Freistellung dieser „Ferienjobs“ von der Einkommensberücksichtigung beschränkt sich nach bisherigem Recht auf in den Schulferien ausgeübte Erwerbstätigkeiten, soweit die Einkünfte einen Betrag in Höhe von 2.400 Euro kalenderjährlich nicht überschreiten.

Die Grenze von bis zu 2.400 Euro wird mit Einführung des Bürgergeldes gestrichen. Damit ist aus einem Ferienjob erlangtes Einkommen zukünftig nicht zu berücksichtigen. Der oben genannte Anreiz soll so noch weiter unterstützt werden.

Anlässlich der Einführung des Bürgergeldes werden ferner zum Beispiel auch die Grundabsetzbeträge für Schülerinnen und Schüler, Studierende und Auszubildende erhöht. Von einem Erwerbseinkommen sollen unter bestimmten Voraussetzungen zukünftig 520 Euro abgesetzt werden können. Grundsätzlich beträgt der Grundabsetzbetrag bei Erwerbseinkommen 100 Euro.

Die Anhebung des monatlichen Absetzbetrages bedeutet unter anderem eine Angleichung an die Regelungen aus dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, das einen Freibetrag von 520 Euro vorsieht und damit die Beseitigung eines systemischen Unterschiedes.

Zudem soll auch hier die Erfahrung verstärkt werden, dass sich eine Arbeitsaufnahme auszahlt und Ungleichheiten zwischen Kindern und Jugendlichen aus hilfebedürftigen Familien und solchen, die es nicht sind, verringert werden. Gleichzeitig wird insbesondere für Studierende und Auszubildende ein Anreiz zur Aufnahme bzw. zum Aufrechterhalten einer Beschäftigung erhöht. Die Erhöhung des Freibetrags im Bereich zwischen 520 und 1.000 Euro auf 30 Prozent des erzielten Erwerbseinkommens erhöht ferner den Anreiz zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung oberhalb der Geringfügigkeitsgrenzen.

Mit dem Geld, dass die Kinder und Jugendlichen sich „erarbeiten“ und ansparen, können sie sich zukünftig noch besser ihre Wünsche erfüllen. Der Führerschein ist das beste Beispiel. Er gehört für viele zum „Erwachsenenleben“ und bietet gerade im ländlichen Raum Flexibilität. Und hier wären wir wieder bei der Nachhaltigkeit.

Aufgrund der gesetzlichen Änderung zum 01.07.2023 wird es aktualisierte Fachliche Weisungen zu §§ 11-11b SGB II geben, die sich derzeit in der Überarbeitung befinden. Aktuell gelten die Ausführungen der Fachlichen Weisungen zu §§ 11 – 11b SGB II. Diese findet Ihr hier.


Christian Ludwig (Foto: Bundesagentur für Arbeit)

Christian Ludwig ist Pressesprecher der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg.

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