Donnerstag, 25. April 2024

Klimaschutz ist nicht immer angenehm

Mit Weitblick

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Straßenblockaden der Letzten Generation, der Protest um Lützerath und große Demonstrationen. Es wird überall von Klimaschutz gesprochen, aber alle ordnen etwas anderes darunter ein. Um die Klimabewegung herum ist viel passiert in den letzten Jahren, aber wie kam es zu radikalerem Protest? Und wie kann es jetzt weitergehen?

Es ist 2018, die ersten Schulstreiks der Klimabewegung Fridays for Future entstehen, es entwickelt sich eine Protest-Welle durch die ganze Welt. Streiken wird zeitweise zum Mainstream und nur Wenige bleiben bei den globalen Streikterminen in der Schule. Klimaschutz erreicht über die Jahre eine neue Form der Öffentlichkeit. In Politik, Gesellschaft und Unternehmen – das Thema ist nicht mehr wegzudenken und das ist gut so! Ein Projekt der „Mitte der Gesellschaft“ so scheint es. Aber leider gibt es ein Problem: Anstatt das sich die Welt Klimaschutz, oder viel mehr Klimagerechtigkeit, angenähert hat, hat sie einfach die Definition des Begriffs verändert. Denn plötzlich stehen Atomkraftwerke wieder zur Debatte und Gas gilt als neue Lösung des Jahrzehnts. Es werden Maßnahmen als große Siege gefeiert, die eigentlich nur ein kleiner Bruchteil des Nötigen sind. Klimaschutz ist nicht immer angenehm und vorallem braucht es mehr und grundsätzlichere Veränderung, als viele Politiker*innen es vermuten lassen.

Es gibt eine persönliche Erfahrung, die Viele im Alltag haben, dass irgendwas nicht mehr so weiter gehen kann. Leistungsdruck, Erschöpfung und steigende Preise – genau das geht Hand in Hand mit einer wissenschaftlichen Erkenntnis: Klimaschutz ist kein nettes Randprojekt, das sich in ein/zwei Maßnahmen lösen lässt, sondern echter Klimaschutz, der unangenehme, der in vielen Bereichen weich gewaschen wird, braucht einem Systemwechsel. Das sagen nicht nur wir, nicht nur alltägliche Erfahrungen, sondern auch die größten wissenschaftlichen Vereinigungen der Welt, die nicht gerade als links-radikal bekannt sind. Der Weltklimarat formuliert die nötigen Änderungen dringender denn je und schon der Club of Rome legte wichtige Grundsteine für Gedankenspiele außerhalb grenzenlosen Wachstums.

Aber auch viele Klimakids in Deutschland mussten sich selbst reflektieren und erkennen, was in Deutschland oft untergeht: Die Klimakrise ist ungerecht und sie ist „systembedingt“. Sie trifft nicht als erstes die akademischen Schichten, die sich um ihre „ferne“ Zukunft Gedanken machen müssen. Gerade indigene Völker oder Menschen im globalen Süden, kämpfen seit Jahrzehnten gegen die Ausbeutung von Menschen und Natur. Denn sie erfahren die Auswirkungen schon länger und existenzieller. Industrienationen wie Deutschland haben am meisten zur Erderhitzung beigetragen, weigern sich aber ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Die Ungerechtigkeiten der Klimakrise sind aber auch in Deutschland zu sehen. Die Reichsten verursachen die meisten Emissionen und können sich dem Klimawandel anpassen. Es sind Postbot*innen, die trotz Hitze von Haus zu Haus müssen, es sind Krankenpfleger*innen die gesundheitliche Hitzeauswirkungen ausbaden müssen und es sind meist ärmere Menschen, die an vielbefahrenen Straßen der Feinstaubbelastung ausgesetzt sind. Umso wichtiger ist es, Betroffene als Mitentscheider*innen am Tisch zu haben und Lösungen für den Klimaschutz zu verbinden mit sozialer und globaler Gerechtigkeit.

Unsere Aufgabe als Klimabewegung ist es gerade, diese Erkenntnis auszusprechen:

Wir müssen nicht zurück ins Mittelalter, um im Einklang mit unserem Planeten und unseren Arbeitsressourcen zu leben, sondern können es als Anlass nehmen, neu zu gestalten. Wir können gerechter und zugänglicher werden, können Verkehr für Alle ermöglichen, können mit Ressourcen schonend umgehen, können faire Löhne und gute Arbeitsbedingung durchsetzen, Energie und Wärme in die Hände von Bürger*innen geben, wenn wir uns von einem „es geht weiter wie bisher – nur in grün“ verabschieden.

Von 2018 ausgehend, hat sich die Aufgabe der Klimabewegung in ihrer Kommunikation drastisch verändert. Es geht nicht mehr nur um die Realisierung des Problems, sondern eigentliche „Wissenschaftliche Wahrheiten“ in ein öffentliches Bewusstsein zu bringen. Wahrheiten die unangenehmer sind und damit auch viel schwieriger und frustrierender rüberzubringen. Ein falsches Klimabewusstsein ist ein Projekt der „Mitte der Gesellschaft“ geworden und der eigentlich wissenschaftlich eindeutige Weg zu einem Tabu. Politische Ausreden werden immer absurder, bis jetzt sogar Klimaziele wieder abgeschafft werden. Scheindebatten lenken von den eigentlichen Fragen der Verweigerung oder der Zustimmung ab. Das ist die Geschichte der Radikalisierung von Protest. Es sehen sich Menschen aus Untätigkeit dazu gezwungen, nicht aus Spaß. Sie benutzen die Radikalität als eine Warnung, denn eins ist klar: die Klimakrise wird bei jetzigem politischen Kurs 1000mal radikaler.

Jetzt kommt es darauf an, nicht die Aktivist*innen and den Rand zu stellen, und tot zu diskutieren, sondern gemeinsam genau das mit den Politiker*innen zu tun. Es ist gerade ein historischer Moment, mit unglaublich vielen Möglichkeiten und auch Gefahren.

Es fangen schon länger Bewegungen an sich zu vernetzten und zu solidarisieren, Gewerkschaften und Beschäftigte zusammen mit Klimaaktivist*innen, mit Landwirt*innen und das müssen wir noch viel deutlicher tun. Wir wollen alle aufbrechen und für eine gerechtere, bessere Welt kämpfen und dabei sind wir gemeinsam so viel stärker. Mit Deutlichkeit und Radikalität, genauso wie mit Gesprächen und Alltagsfähigkeit von Bewegungen. Also lasst uns nicht den Märchen des falschen Klimaschutz glauben, sondern in der Kraft der Gemeinsamkeit unsere eigene Geschichte umsetzten.


(Foto: Fridays for Future)

Jule Pehnt ist Pressesprecherin von Fridays for Future. Gerade vollendet sie ihr letztes Schuljahr in Freiburg. Sie ist seit über 3 Jahren bei Fridays for Future aktiv.

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1 Kommentar

  1. KLIMA-WAHRHEITEN

    Tornados, Hitze, Wassernot;
    Feuer wüten in Wald und Flur.
    Das Wetter gerät aus dem Lot,
    Klimawandel zieht seine Spur.
    Wir sollten uns Sorgen machen,
    und nicht über Greta lachen.????

    Man produziert und produziert,
    plündert Ressourcen ungeniert.
    Gewinnmaximierung ist Pflicht,
    die intakte Natur zählt nicht.
    Börsenkurse steh’n im Fokus,
    Umweltschutz in den Lokus.

    Plastikflut und Wegwerftrend,
    man konsumiert permanent.
    Nur unser ständiges Kaufen
    hält das System am Laufen.
    Unser westlicher Lebensstil
    taugt nicht als Menschheitsziel.

    Die Jagd nach ewigem Wachstum
    bringt letztlich den Planeten um.
    Das oberste Gebot der Zeit
    muss heißen Nachhaltigkeit.
    Statt nur nach Profit zu streben,
    im Einklang mit der Natur leben.

    Zu viele Buchen und Eichen
    mussten schon der Kohle weichen.
    Retten wir den herrlichen Wald,
    bewahren die Artenvielfalt.
    Kämpfen wir für Mutter Erde,
    dass sie nicht zur Wüste werde.

    Der Mensch, dieses kluge Wesen
    kann im Gesicht der Erde lesen.
    Er sieht die drohende Gefahr,
    spürt die Erwärmung Jahr für Jahr.
    Homo sapiens muss aufwachen,
    seine Hausaufgaben machen.

    Weniger ist mehr,
    nicht nur im Verkehr
    und beim Verzehr.
    Wir alle stehen in der Pflicht,
    maßvoll leben ist kein Verzicht.
    Teilen und Second Hand der Trend,
    nachhaltig leben konsequent.
    Bei allem etwas Enthaltsamkeit,
    nehmen wir uns die Freiheit.

    Rainer Kirmse , Altenburg

    Herzliche Grüße aus Thüringen

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