Im April 2024 startete das Forschungsprojekt RCPoroGipsWandPutz des WIR!-Bündnisses „Gipsrecycling als Chance für den Südharz“, mit dem Ziel Gips in zwei zu entwickelnden Bauprodukten einzusparen, indem dieser teilweise durch recycelten Porenbeton ersetzt wird. Das Projekt wird von der Hochschule Nordhausen und dem Leibniz-Institut für Werkstofforientierte Technologien – IWT bearbeitet und von der Firma TodaySystems GmbH, einem auf den Hausbau in Stahl-Leichtbauweise spezialisierten Unternehmen, unterstützt.
Doch warum ist es überhaupt erforderlich Gips einzusparen? Der Großteil des in der Bauindustrie verwendeten Gipses stammt derzeit aus Rauchgasentschwefelungsanlagen und wird als REA-Gips bezeichnet. Dieser Gips fällt bei der Entschwefelung von Verbrennungsgasen während der Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen an. Als eine Folge der Energiewende wird in Zukunft kontinuierlich weniger REA-Gips aus Kohlekraftwerken anfallen, so dass bei konstantem Gipsbedarf mehr Naturgips abgebaut werden muss. Der potenziell zunehmende Abbau wird von Seiten der Anwohner und von Naturschutzverbänden wegen der möglichen Auswirkungen auf Umwelt, Flora und Fauna kritisch gesehen. Als Alternative zum Schließen der entstehenden Gipslücke werden die Steigerung des Recyclings von Gipsprodukten in Gipsrecyclinganlagen, die Erschließung und Nutzbarmachung von Gipsen aus alternativen Rohstoffquellen wie Phosphorgips, welcher als Nebenprodukt der Phosphorsäureherstellung anfällt, sowie die Reduzierung des Gipsanteils in gipsbasierten Bauprodukten angesehen.
Zielstellung und Herangehensweise
Ziel des Projekts ist die Entwicklung von zwei nachhaltigen Bauprodukten, eines Gips-Leichtputzes und einer Wandausfachung für Stahl-Leichtbaurahmen, aus recyceltem Porenbetonbrechsand und Gips. Durch Kombination beider Materialien soll der Einsatz des Primärrohstoffs Naturgips in den Bauprodukten reduziert und dem recycelten Porenbeton als Sekundärrohstoff ein zweites Leben gegeben werden. Der recycelte Porenbeton wird aus Abbruchmaterial gewonnen und durch einen mehrstufigen Aufbereitungsprozess (Zerkleinern, Sieben und Trocknen) für die Wiederverwendung vorbereitet.
Die technischen Herausforderungen bei der Entwicklung neuer Produkte sind vielfältig. Neben Korngröße und Feuchte des Porenbetonbrechsandes sind die Konsistenz und das Abbindeverhalten bei der Verarbeitung von großer Bedeutung, um den Anforderungen für den vorgesehenen Verwendungszweck gerecht zu werden und zugleich die maßgebenden Werkstoffeigenschaften gemäß den relevanten Baustoffnormen zu realisieren.
Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend und unterstreichen das Potenzial des Ansatzes: Rund zwei Drittel des Naturgipses können durch aufbereiteten Porenbeton ersetzt werden. Damit tragen sie nicht nur zur Schonung der Ressource Naturgips bei, sondern leisten auch einen aktiven Beitrag zu einer Kreislaufwirtschaft, in der Reststoffe zu Ausgangsstoffen für zukünftige Anwendungen werden.
Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Programms „WIR! – Wandel durch Innovation in der Region“.
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Weitere Informationen zum WIR!-Bündnis findet ihr hier.

Prof. Dr.-Ing. Robert-B. Wudtke ist Dekan des Studiengangs Geotechnik an der Hochschule Nordhausen und Leiter des Thüringer Innovationszentrums für Wertstoffe (ThIWert), das sich mit Forschungsaufgaben im Bereich der Ressourcenschonung und der Kreislaufführung von Abfallstoffen aus verschiedensten Quellen beschäftigt.