Samstag, 20. April 2024

Voller Einsatz oder gefährlicher Aktionismus 

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Tanja Klement
Tanja Klement
Tanja Klement kümmert sich um Social Media und Podcast. Nach Feierabend sitzt sie gerne noch an der Nähmaschine.

Sie gehen durch alle Medien – die Berichte über Aktionen der Letzten Generation. Wenn sich Aktivist*innen auf Straßenkreuzungen und Autobahnzufahrten festkleben, dann wollen sie damit vor allem eins: Auffallen. In dieser Hinsicht ist das Ganze ein voller Erfolg. Nur leider geht das Thema der Proteste – schnellere und weitreichendere Maßnahmen gegen den Klimawandel – dabei unter. Aber warum ist das so? Bei Fridays For Future hat es doch auch geklappt.  

Für mich haben die Veranstalter*innen dieser Proteste einen essenziellen Fehler gemacht. Um das zu erklären, muss ich aber ein bisschen ausholen.  

Die Last Generation veranstaltet keine klassischen Demonstrationen. Stattdessen blockieren sie vor allem wichtige Verkehrsknotenpunkte in etwas, das an die Sit-Ins der 1960er erinnert – oder an die Proteste gegen die Atommüll-Lagerung. Menschen die „im Weg“ sitzen und sich von dort nicht einfach wegbewegen (lassen), erregen Aufmerksamkeit und immer auch Unmut in Teilen der Bevölkerung. Darauf baut diese Protestform. Aber im Gegensatz zur Letzten Generation, gingen damals auch die Protestthemen durch die Presse. Die Aufregung war Mittel zum Zweck.  

Aber was ist jetzt anders? 

Während die Atomgegner die Zugstrecken zum Endlager blockierten und die Protestanten vor 60 Jahren vor allem Unternehmen, Messen und Gebäude besetzten, haben sich die jüngsten Aktivist*innen die Straßen zum Ziel genommen. Dort behindern Sie aber nicht die Autoindustrie, die Ölkonzerne und die Regierung, sondern die individuellen Autofahrer*innen auf der ausgewählten Strecke. Berufspendler*innen, Lieferdienste, Speditionen, Busse und in extremen Fällen sogar Notfalleinsatzfahrzeuge. Und so stehen statt der Forderung nach mehr Umweltschutz jetzt die Handyvideos mit empörten Autofahrer*innen im Fokus der Aufmerksamkeit. Statt über die Inhalte, wird nur über die Protestform diskutiert.  

Das darf nicht das Ziel von Aktivist*innen sein. Denn so geht nichts vorwärts.  

Liebe Letzte Generation, 

thematisch liegen wir – also ihr und ich – gar nicht so weit auseinander. Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind die wichtigsten Themen unserer Zeit. Und die Politik muss das ernst nehmen und entsprechende Maßnahmen umsetzen. Denn mit Eigenverantwortung werden wir in der Klimakatastrophe nicht weiter kommen, als in der Corona-Krise.  

Und auch den friedlichen Sitzstreik, der in seiner ursprünglichen Form die Aufmerksamkeit von Medien und Gesellschaft erhascht und dabei niemanden unnötig gefährdet, finde ich nicht generell unpassend.  

Aber setzt euch doch nicht auf die Straßen Europas, wo ihr im schlimmsten Fall noch Menschenleben riskiert. Mit Autoausstellungen, Ministerien oder meinetwegen den Hauptstandorten von Automobilherstellern, habt ihr doch wirklich genug andere potenzielle „Ziele“.  

Dann kann all die Aufregung vielleicht auch endlich für eine thematische Auseinandersetzung mit euren Forderungen genutzt werden. 

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