Du findest Kirche langweilig? Seelsorge ist komisches Gerede, die Bibel altmodisch? Dann kennst du uns noch nicht. Wenn Seelsorger*innen Tarnanzüge anziehen, wenn ein Altar auf einem Militärflugplatz vor einem Militärflugzeug steht und die Gottesdienstbesucher*innen Uniform tragen, dann bist Du bei der Katholischen Militärseelsorge. „Für, mit und bei den Soldatinnen und Soldaten“ lautet ihr Motto und gemeinsam mit den evangelischen und jüdischen Seelsorgenden kümmert sie sich um die Bundeswehrsoldaten und deren Angehörige. In Deutschland und überall dort, wo die Bundeswehr eingesetzt wird.
Militärseelsorger*innen, das sind Priester, Ordensbrüder, Pastoralreferent*innen und demnächst Gemeindereferent*innen. Gemeinsam mit den anderen Angehörigen der Militärseelsorge kümmern sie sich um die Soldat*innen und ihre Familien. Kurz gesagt: Sie begleiten in allen Lebenslagen, von der Geburt und der Taufe bis zum Tod. Katholische Militärseelsorger*innen kennen sich auch mit körperlichen oder seelischen Verwundungen aus, denn sie begleiten jederzeit.
Dafür erhalten sie eine Ausbildung bei der Bundeswehr, bei der sie für eine Woche die Flecktarn-Schutzbekleidung anziehen. Wer Soldat*innen in den Einsatz begleitet, muss sich darauf vorbereiten.
Militärpfarrer sind Beamte auf Zeit bei der Bundeswehr. Sie werden für diese Zeit von ihrem Heimatbistum freigestellt. Pastoralreferent*innen bleiben im Beschäftigungsverhältnis mit ihrem Heimatbistum und erhalten einen Gestellungsvertrag. Sie alle arbeiten in Katholischen Militärpfarrämtern in Kasernen der Bundeswehr. Militärseelsorgende unterliegen nicht der militärischen Hierarchie und haben keinen Dienstgrad. Ihr Erkennungszeichen auf der Schutzbekleidung, die sie bei der Einsatzbegleitung oder bei Übungen tragen, sind die Schulterklappen mit dem Seelsorgekreuz und auf dem Ärmel das Abzeichen der Katholischen Militärseelsorge. Im Alltag tragen sie Zivil und die Türen der Militärpfarrämter in den Kasernen stehen allen offen, unabhängig von Glauben, Religion oder Dienstgrad und Thema.
Die Militärseelsorgenden feiern Gottesdienste, taufen und firmen Soldat*innen sowie deren Angehörige, führen Seelsorgegespräche. Die Inhalte der Gespräche bestimmen die Besucher*innen, die Vertraulichkeit ist immer gewährleistet. Vorgesetzte oder Kameraden erfahren nichts davon. Das schafft Nähe und ist wichtiger Teil der Seelsorge. Auch die Erreichbarkeit ist fast immer gegeben: Die Kontaktdaten stehen auf der Homepage der Katholischen Militärseelsorge.
Da Soldat*innen immer ein soziales Umfeld haben, begleiten Militärseelsorgende auch die Angehörigen. Das können Einzelgespräche, Familienwochenenden, aber auch Wallfahrten zu Fuß oder mit Motorrädern und Pfarrfeste mit allen Angehörigen sein. Immer wieder bitten Familien ihre Militärpfarrer, Feiern wie Taufe, Kommunion oder Firmung oder eine Hochzeit auszurichten.„Für, mit und bei den Soldatinnen und Soldaten“ gilt für alle.
So sinniert Denis S.: „Die Fußwallfahrt heute gibt mir einerseits die Möglichkeit, über den Dienst nachzudenken, um mit Abstand und freiem Kopf neu zu starten und andererseits gibt dieser Weg auch Zeit, um an die Kameradinnen und Kameraden zu denken, die nicht unversehrt aus dem Dienst zurückkehrten.“
Der soldatische Dienst fordert ethisch-moralische Entscheidungen heraus. Die Militärseelsorger*innen begleiten „ihre“ Soldaten und unterstützen bei der Gewissenserforschung, auch im sogenannten Lebenskundlichen Unterricht. In einem freien und vertrauensvollen Gespräch können alle Themen angesprochen werden, die die Soldat*innen bewegen. Fernab vom Religionsunterricht sind die Seelsorger Begleiter in berufsethischen Fragen – sie reden „über Gott und die Welt“.
Militärseelsorge ist also ein vielseitiger kategorialer Seelsorgedienst im Auftrag der Kirche mit besonderen Anforderungen.
Norbert Stäblein ist Leiter des Referats Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Katholisches Militärbischofsamt. In seiner Dienstzeit als Zeitsoldat und später als Reservist hat er oft Militärseelsorge bei der Bundeswehr erlebt.