In den letzten Jahren hat das Thema Menstruationsurlaub zunehmend an Bedeutung gewonnen und wird in vielen Ländern sowie Unternehmen diskutiert. Spanien gilt hierbei als europäischer Vorreiter, da das Land 2023 erstmalig eine gesetzliche Regelung bezüglich Menstruationsurlaub einführte. Aber auch Japan, Taiwan oder Südkorea haben vergleichbare Normen. Demnach stellt sich die Frage, inwieweit die Einführung von Menstruationsurlaub in Deutschland und hier speziell im Öffentlichen Dienst einen echten Schritt in Richtung Gleichberechtigung darstellen könnte.
Die Bezeichnung als „Urlaub“ ist zunächst irreführend. Vielmehr wäre ein Ausdruck wie „Menstrual Leave“ weitaus passender. Im Kern geht es darum, dass Frauen die Möglichkeit eingeräumt wird, aufgrund von starken Regelschmerzen und der damit verbundenen körperlichen Leistungsminderung ein bis drei Tage im Monat Sonderurlaub in Anspruch zu nehmen. Auch wenn sich Menstruation für Frauen in der entsprechenden Alterskohorte als monatliche Realität darstellt, wird sie grade in der Arbeitswelt oft als Tabuthema angesehen.
Gründe für eine Veränderung
Neue Studien zeigen, dass bis zu 90 Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter an starken Regelschmerzen leiden. Bei einer in den Niederlanden durchgeführten Studie gaben 14 Prozent der befragten Niederländerinnen an, sich bereits wegen Menstruationsschmerzen krankgemeldet zu haben, doch nur ein Fünftel von ihnen nannte den tatsächlichen Grund. Demnach könnte die Einführung von Periodenurlaub das Thema weiter enttabuisieren.
Aus einer finanziellen Perspektive entstünden für Arbeitnehmerinnen ebenfalls keine Nachteile, da in Deutschland – anders als in anderen Ländern – das Prinzip der Lohnfortzahlung gilt. Gleiches würde auch für Beamtinnen gelten. Ein weiterer positiver Aspekt findet sich in der Verringerung der Anzahl der Krankentage wieder. Gemäß einer Erhebung der Techniker Krankenkasse waren Erwerbspersonen im letzten Jahr durchschnittlich 18 Tage krankgeschrieben. Eine Einführung von Periodenurlaub könnte diesen Schnitt zumindest für weibliche Erwerbstätige senken.
Rechtliche Umsetzbarkeit
Aus einer beamtenrechtlichen Perspektive erscheint die Einführung von Menstruationsurlaub durchaus umsetzbar. Generell ist der Urlaubsanspruch für Bundesbeamtinnen und -beamte in den Paragrafen 89 ff. Bundesbeamtengesetz geregelt. Da es sich bei Menstruationsurlaub – wie eingangs bereits erwähnt – um eine Form des Sonderurlaubs handelt, müsste lediglich die entsprechende Sonderurlaubsverordnung (SUrlV) um eine Tatbestandsalternative erweitert werden. Denkbar wäre hier eine Anpassung des Paragrafen 20 SUrlV, welcher den Urlaub aufgrund von medizinischen Anlässen regelt. Das Anstoßen eines solchen Prozesses könnte damit ein Thema für die neue Bundesregierung sein.
Sollten Männer aufgrund einer wahrgenommenen Ungleichbehandlung rechtliche Schritte gegen eine solche Form des Sonderurlaubs anstreben, werden sie damit wohl keinen Erfolg haben. Eine Berufung auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist zwar naheliegend, da es Ziel des Gesetzes ist, Ungleichbehandlungen am Arbeitsplatz – u. a. aufgrund des Geschlechts – zu verhindern. Ausnahmen sind allerdings immer dann möglich, wenn sich Sachgründe für die Ungleichbehandlung anführen lassen. Die Tatsache, dass aus biologischer Sicht nur Frauen menstruieren, würde in dieser Hinsicht folglich als Sachgrund ausreichen, um eine Ungleichbehandlung von Männern und Frauen zu rechtfertigen.
Notwendigkeit einer Einführung
Auch wenn gute Gründe für die Etablierung von Menstruationsurlaub vorliegen und der rechtliche Rahmen ebenfalls dahingehend angepasst werden kann, wird am Beispiel von Japan deutlich, dass es trotz der Existenz von Periodenurlaub seit 1947 keine ernsthafte Verbesserung gibt. Immer weniger Frauen nehmen Menstruationsurlaub in Anspruch und gemäß einer aktuellen Nikkei-Umfrage nutzen lediglich zehn Prozent aller Frauen die volle Anzahl an Tagen für Menstruationsurlaub, welche ihnen tatsächlich zusteht. Der Grund dafür ist die Ansicht vieler Frauen, dass eine solche Inanspruchnahme von Vorgesetzten als Schwäche ausgelegt wird und damit ein Hindernis für den eigenen Karriereweg darstellen kann. Auch wenn die japanische Arbeitswelt nur schwerlich mit der deutschen zu vergleichen ist, so wären ähnliche Denkmuster bei Frauen hierzulande jedenfalls nicht auszuschließen.
Die Einführung von Menstruationsurlaub im Öffentlichen Dienst kann zu einer Stärkung der Gleichberechtigung am Arbeitsplatz beitragen. Eine rechtliche Notwendigkeit besteht hierfür allerdings nicht, da die Möglichkeit einer normalen Krankschreibung im Falle von starken Menstruationsbeschwerden unverändert Bestand hat. Letzteres bringt außerdem den Vorteil mit sich, dass der genaue Krankheitsgrund nicht angegeben werden muss, was wiederum einer Stigmatisierung am Arbeitsplatz vorbeugt.

Max Schepping ist Diplom-Verwaltungswirt und als Beamter bei einer Bundesbehörde tätig.
Anmerkung der Redaktion: Ein Beitrag über Menstruationsurlaub von einem Mann? Der auch nicht zwingend als Experte auf dem Gebiet gilt? Im ersten Moment hat das bei uns im Team doch zu ein paar hochgezogenen Augenbrauen geführt. Gerade bei Themen wie Gleichberechtigung, Diversität und Gesundheit sind die, die sich äußern, oft nicht selbst betroffen. Damit die angebotenen Lösungen und Projekte dann auch zu den Bedürfnissen der Zielgruppe passen, sollte man diese aber unbedingt mit ins Boot holen. Was Beiträge von Außenstehenden/Beobachtern aber tun können, ist die Diskussion anstoßen und dem Anliegen mehr Öffentlichkeit verleihen.