Mittwoch, 11. Dezember 2024

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Ann Kathrin Herweg
Ann Kathrin Herweg
Ann Kathrin Herweg ist Teil der Online-Redaktion, koordiniert das E-Journal und unterstützt digitale Veranstaltungen. Auch in ihrer Freizeit ist sie gerne auf Veranstaltungen unterwegs, dann aber als Kamerafrau oder Lichttechnikerin.

Papierkrieg mit der Krankenkasse? Bereits im Bachelorstudium hat sich Nicole Cienskowski gefragt, warum gewisse Prozesse nicht digital zur Verfügung stehen. Wenn sie z. B. als Studentin nebenbei gejobbt hat und die Veränderung im Versicherungsstatus an ihre Versicherung weitergeben musste, kamen bei ihr Fragen auf: „Warum digitalisiert man diesen Prozess nicht? Und warum kann ich die Meldung nicht per App oder über ein Portal an die Versicherung übermitteln?“ Heute macht die 32-Jährige genau das: Als Beraterin des globalen Beratungsunternehmens Capgemini unterstützt sie ihre Kunden bei ihrer digitalen Transformation insbesondere im Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung sowie generell im Bereich Gesundheit.

Die Volkswirtin hat ihren Bachelor mit Schwerpunkt Finanzierung an der Freien Universität Berlin gemacht. Anschließend hat sie sich auf das Thema Gesundheit spezialisiert und ihr volkswirtschaftliches Masterstudium mit Schwerpunkt Management in Healthcare an der Technischen Universität Berlin absolviert.

Während des gesamten Studiums stand sie immer wieder mit verschiedenen Institutionen, darunter auch Universitätskliniken, Krankenversicherungen und Forschungsinstituten, in Kontakt. So konnte Nicole Einblicke in Gesundheitsthemen gewinnen, pflegte schon früh den Austausch mit vielzähligen Krankenkassen, Forschungseinrichtungen sowie der Pharmaindrustrie und Medizintechnik und konnte neben dem Studium viel Praxiserfahrung sammeln.

Eine besonders prägende Zeit war ihr Auslandsaufenthalt in Shanghai, wo sie nicht nur ein Trimester studiert hat, sondern auch als Werksstudentin Einblicke in die Unternehmen PwC und VW erhalten hat. „Ich fand es spannend zu sehen wie amerikanisch- oder deutschgeprägte Unternehmen in China aufgestellt sind und agieren“ erklärt sie. Dort hat sie ihre Leidenschaft für vegetarisches chinesisches Essen entdeckt. Bis heute kocht Nicole gerne verschiedene Gerichte nach und erinnert sich dann an die interessante Zeit, die Erfahrung in einer anderen Kultur unterwegs zu sein und die faszinierende Vielfalt an Gemüsesorten, die in Deutschland kaum bekannt sind.

Der Praxisschock

Für ihre Masterthesis hat sie die Einführung einer mobilen Patientenvisite der Berliner Universitätsmedizin Charité wissenschaftlich begleitet und qualitativ ausgewertet. Dabei traf sie dann der „Praxisschock“: Visitenwagen, auf denen oben ein Laptop und unten eine Vielzahl an Papierakten durch die Patientenzimmer gefahren wurden, galten als „Goldstandard“. Den Weg von der Papierakte zur elektronischen Patientenakte sowie die Reaktionen von Ärzt*innen und Patient*innen miterleben und erforschen zu können war für Nicole Cienskowski nicht nur ein spannendes Erlebnis im Zuge des Studiums, sondern auch ihr erster Kontakt mit der Schnittstelle zwischen Gesundheitsversorgung und Digitalisierung. Sie sagt: „Seit diesem Zeitpunkt treibt mich das Thema Digitalisierung im Gesundheitswesen um.“ Außerdem habe sie dabei gemerkt, wie wichtig Digitalisierung sei, um positive User Experience auch für Patienten oder für Versicherte im Kontakt mit deren Krankenversicherung zu ermöglichen.

Ende-zu-Ende-Geschäftsmodell

Ihren Einstieg bei Capgemini hatte Nicole schon während des Bachelorstudiums. Heute hat sie bereits sieben Jahre Berufserfahrung in der Beratung für das Gesundheitswesen gesammelt und brennt weiterhin für digitale Projekte im Gesundheitswesen.

Beide Bereiche – der öffentliche Sektor und die Gesundheitsbranche – sind eng miteinander verbunden und bilden eine wichtige Schnittstelle für die Weiterentwicklung im Gesundheitswesen, z. B. dann, wenn Gesundheitsbehörden der Länder zu Digitalstrategien beraten werden sollen. Beratung in Digitalisierungsthemen ist eine wichtige, aber nicht die einzige Aufgabe von Cienskowski. Der Capgemini Beratungsansatz umfasst ein Ende-zu-Ende-Geschäftsmodell, von der Beratung und Strategieentwicklung über die Umsetzung bis hin zu Wartung und Weiterentwicklung von Lösungen. Bei manchen Kunden sei sie strategisch unterwegs, für andere würden Produkte wie z. B. Apps oder Gesundheitsportale entwickelt und anschließend übergeben, wieder andere bekämen das ganze Portfolio von der Ideenfindung bis hin zu Updates und Wartung. Auch intern ist Nicole bei Capgemini gut vernetzt. In ihrer Rolle als „aktiver Konnektor zwischen den Kunden und der globalen Capgemini-Welt“ bringt sie verschiedene Unternehmenseinheiten so zusammen, dass für das Projekt des Kunden das bestmögliche Ergebnis erzielt wird.

Dabei gestaltet sich jeder Arbeitstag völlig unterschiedlich. Nicole arbeitet nicht nur für, sondern vor allem mit den Kunden. Das erfordert engen Kontakt und regelmäßigen Austausch zu möglichen Digitalisierungsideen sowie Verständnis für die Herausforderungen und das Geschäftsmodell der Kunden. Unter ihren Kundenbereich fallen die im Gesundheitsbereich in Deutschland ansässigen Institutionen, dazu gehören v.a. gesetzliche Krankenversicherungen, aber auch IT-Dienstleister der gesetzlichen Krankenversicherungen, Gesundheitsbehörden und das Gesundheitsministerium. Darüber hinaus verantwortet die Account Managerin den Ausbau des Geschäftskontextes und die Themenentwicklung für Capgemini im Bereich Public Healthcare.

Ein Herzensthema

(Foto: Privat)

Zusammen mit ihrer Familie lebt Cienskowski in Berlin, genießt die Zeit mit ihrer kleinen Tochter, ihre neue Rolle als Mutter und baut gemeinsam mit ihrem Partner ein Haus. Trotzdem ist sie schnell aus der Elternzeit in den Beruf zurückgekehrt, denn dieser ist für sie ein absolutes Herzensthema. Sie hat quasi ihr Hobby zum Beruf gemacht und publiziert auch in ihrer Freizeit selbst Artikel rund um die Themen Digital Natives, Gesundheit und Nutzererlebnisse. Außerdem sucht sie den Austausch in verschiedenen Netzwerken. Das ist für sie nicht nur spannend, sondern auch bereichernd, man könne so von verschiedenen Playern im öffentlichen Sektor oder im Gesundheitswesen lernen, die alle unterschiedliche Perspektiven und Anreize bezogen auf die  Digitalisierung haben. Nicole ist Teil des Expertennetzwerks „30 unter 40“ der Bertelsmann Stiftung, die sich mit dem Thema „Der Digitale Patient“ beschäftigt. Und auch parteinahe Netzwerke besucht sie gerne als Gast.

Wer sucht, der findet

Nicole Cienskowski ist sogar selbst Leiterin eines Netzwerks. Vor einigen Jahren hat sie sich stark dafür eingesetzt, ein Frauennetzwerk namens #WomensNet innerhalb von Capgemini Deutschland aufzubauen. Dabei ist es ihr wichtig, dass das Ziel nicht lautet Frauen zu fördern, sie sagt: „Ich finde das immer schwierig, das klingt immer so als ob Frauen gewisse Dinge nicht können“. Stattdessen sollen Role Models gezeigt und Nachwuchstalente unterstützt werden. Außerdem möchte #WomensNet Frauen aufzeigen, dass und wie sie ihren Karriereweg weiterleben können, auch wenn sie z. B. eine Familie gründen wollen. „Ich habe das ein Stück weit zu meiner eigenen Mission gemacht bei Capgemini die Frauennetzwerke zu unterstützen. Dazu finden regelmäßig große Veranstaltungen statt, an denen jährlich über 300 Frauen teilnehmen – von der Vice Presidentin bis hin zur Werksstudentin vernetzen sich Frauen aus den verschiedenen Einheiten. Bei Vorträgen von Gastrednerinnen lernen sie gemeinsam Neues und bekommen einen Impuls von außen. Und natürlich bietet sich hier die Möglichkeit Kontakte zu knüpfen und sich gegenseitig informell zu coachen. Nicole hat z. B. in Bezug auf ihre Elternzeit von den Erfahrungen anderer Kolleginnen, die Mütter sind, lernen können und auch für den Beförderungsprozess gibt es hier Tipps und Unterstützung. Ein weiterer wichtiger Punkt sei es, betont Nicole, weibliche Talente sichtbar zu machen: „Ich habe leider schon zu oft erlebt, dass es heißt, man habe etwa eine KI-Expertin für ein Panel gesucht, aber keine gefunden. Ich glaube, wer sucht, der findet!“. Hilfestellungen bieten hier Kontakte in Netzwerken oder bei der Bertelsmann Stiftung, die das Problem erkannt und eine Liste mit Expertinnen für Algorithmen und Algorithmenehtik veröffentlicht hat.

Sich als junge Frau positionieren

Bei Capgemini besitzt das Thema Gleichberechtigung einen hohen Stellenwert. Capgemini setzt auf Inklusion und bietet allen Mitarbeiter*innen ein Arbeitsumfeld, in dem sie erfolgreich sein können. Dazu zählen umfassende Weiterbildungsprogramme, Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie interne Initiativen wie das weltweite Frauennetzwerk Women@Capgemini. „Bei Capgemini arbeiten wir also sehr stark daran, einen Ausgleich zu finden, wir nennen das bei uns Gender Balance“, so die Account Managerin. „Für mich als junge Account Managerin war es eine Herausforderung mich bei unseren Kunden in der Verwaltung und den Sozialversicherungen als Expertin auf Augenhöhe zu etablieren. Dafür habe ich sogar ein Stück weit Verständnis, dass der Kunde sich erst dran gewöhnen muss, weil ich als Digital Native eine ganz andere Art habe, Dinge zu argumentieren und einen anderen Blick auf die Herausforderungen mitbringe“, erklärt Nicole. Sie versucht in solchen Fällen empathisch zu agieren und die Kunden mit Kompetenz für sich zu gewinnen. Sie sieht große Chancen, z. B. bei der Besetzung von Führungspositionen: „Ich glaube, dass wir allgemein in der öffentlichen Verwaltung und auch im Gesundheitswesen von Diversity und Gleichberechtigung profitieren können.“. Ihr ist es wichtig, dass Kolleginnen in den verschiedenen Bereichen dafür einstehen und sich einsetzen, mehr Sichtbarkeit zu bekommen. Frauen sollen sich, so betont sie, bitte auch auf Führungsstellen in Unternehmen, Behörden und Ministerien bewerben und dabei nicht so viele Bedenken haben, dass sie vielleicht nicht gut genug für den Job seien. „Ich glaube, da können wir Frauen uns auch an die eigene Nase packen, da müssen wir einfach ein Stück weit mutiger werden“ findet sie, denn sie hat den Eindruck gewonnen, dass Frauen zwar ihre aktuellen Skills gut einschätzen können, ihr Potenzial von morgen aber häufig noch nicht richtig wahrnehmen. „Ich glaube, es ist zum Teil noch ein strukturelles Problem, aber auch eine Herausforderung, bei der wir Frauen stärker aus uns herauskommen müssen“.

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