Mittwoch, 11. Dezember 2024

Frauen in der Verwaltungsinformatik

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Von KIVIs, KIWIs und KIKIs

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Die Digitalisierung im öffentlichen Sektor beschäftigt Praxis und Forschung seit Jahren gleichermaßen. Es handelt sich um ein Themenfeld, das durch die Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen geprägt ist. Die Öffentliche Verwaltung beziehungsweise die Verwaltungswissenschaft und die Informatik bilden dabei den Kern. Aufgabe ist es, Strukturen, Abläufe und Beziehungen im öffentlichen Sektor auf Basis der intensiven – und gleichzeitig angemessenen – Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnik neu zu gestalten und die damit verbundenen Wirkungen abzuschätzen und zu beobachten, um wiederum Schlüsse für die zukünftige Gestaltung abzuleiten.

Neben der Verwaltungsinformatik sind weitere Disziplinen relevant, darunter die Rechtswissenschaft, Politikwissenschaft, Soziologie, Wirtschaftsinformatik und einige mehr. Diese verschiedenen Perspektiven sind bereichernd für das Forschungsgebiet, ebenso wie Diversität auf Seiten der Forschenden. Expert*innen im Bereich der Verwaltungsinformatik sind rar und werden angesichts der gegenwärtigen Herausforderungen dringend gesucht.

Der Frauenanteil im öffentlichen Dienst allgemein lag 2017 bei 57 Prozent, wobei dieser je nach Aufgabenbereich sehr unterschiedlich ausfällt. Der Anteil in Führungspositionen ist dabei ansteigend. Genauere Zahlen zu digitalisierungsnahen Aufgabenfeldern sind nicht verfügbar. Angesichts der umfassenden Durchdringung der Digitalisierung in allen Lebensbereichen und sämtlichen Aufgabenbereichen öffentlicher Verwaltungen ist eine spezifische Betrachtung digitalisierungsnaher Positionen nur schwer möglich.

In informatischen Studiengängen liegt der Frauenanteil bei rund 20 Prozent, wobei interdisziplinäre Studiengänge einen höheren Frauenanteil aufweisen. Bei den Universitätsprofessuren liegt der Anteil für die Informatik allgemein bei rund 10 Prozent. Ein Blick auf Verwaltungsfachhochschulen, jedoch ohne Informatikbezug, zeigt: hier waren im Jahr 2016 knapp 30 Prozent der Professor*innen und rund 50 Prozent der Studierenden weiblich. Geschlechterdiversität ist demnach auch im Kontext von E-Government zu fördern. Dazu gehören zwingend Maßnahmen, welche die Sichtbarkeit von Frauen in der Informatik und Verwaltungsinformatik erhöhen – sowohl in der Praxis als auch in der Forschung. Mit Vorbildern kann die Digitalisierung im öffentlichen Sektor als aussichtsreiches Betätigungsfeld wahrgenommen werden.

Mit Blick auf die Studierendenzahlen an Verwaltungshochschulen ist die Ausganglage günstig. Es gilt, die umfangreich zur Verfügung stehenden und erprobten Maßnahmen für Geschlechterdiversität in informatiknahen Studiengängen zu nutzen. Diese beginnen an den Schulen mit Kooperationen in der Phase der Berufs- und Studienwahl und führen weiter zur Bewerbungsphase an den Hochschulen, in der besonders auf interdisziplinäre Studiengänge aufmerksam gemacht werden kann. Während des Studiums können Vernetzungs- und Mentoring-Programme bereits gute Erfolge verzeichnen. Vielversprechend ist auch ein Blick auf die Lehrmethoden im Studium. Viele Frauen bevorzugen anwendungsnahe Lehrformate und Teamwork.

Im späteren Berufsleben in den öffentlichen Verwaltungen wie auch an den Hochschulen kommt es darauf an, individuelle Bedürfnisse bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erfassen und gemeinsam Lösungsansätze zu erarbeiten. Pauschale Antworten helfen im Einzelfall kaum. Die gegenwärtige Lage mit ihren besonderen Anforderungen an die Balance zwischen Kinderbetreuung und Beruf unterstreicht diese Herausforderung auf dem Karriereweg. Die Pandemie zeigt deutlich, wo zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu wenig getan wird und zeigt gleichzeitig besonders gut, dass bei Offenheit, gegenseitigem Verständnis und gemeinsamer Anstrengung gute Lösungen zu finden sind.

Moreen Heine ist Professorin für E-Government und Open Data Ecosystems an der Universität zu Lübeck und wissenschaftliche Leiterin des Joint eGov and Open Data Innovation Labs. Sie forscht zu menschzentrierten und prozessorientierten Anwendungen im öffentlichen Sektor. Moreen Heine engagiert sich im Vorstand des Nationalen E-Government Kompetenzzentrums (NEGZ). Sie hat drei Kinder und einen in Vollzeit arbeitenden Mann – die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist täglich Thema und Herausforderung.

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