Samstag, 27. Juli 2024

digital – vom e zum dGovernment kommen

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Dr. Eva Charlotte Proll
Dr. Eva Charlotte Proll
Dr. Eva-Charlotte Proll ist verantwortlich für Unternehmensentwicklung und Digitalisierung beim Behörden Spiegel – nach außen wie nach innen. Sie ist passionierte Reiterin, macht gerne Sport und ist mit Ihrer kleinen Tochter viel draußen unterwegs.

Geht es um die Digitalisierung der Verwaltung ist der Begriff eGovernment meist nicht fern. Medien, Verwaltung und Wissenschaft sprechen von eGovernment, wenn es um die digitale Verarbeitung sowie Dienstleistung in den Behörden geht. Dabei trifft der Begriff nicht mehr die technologische Entwicklung, noch umfasst er die Verwaltungsdigitalisierung in Gänze. Wir müssen von einem electronic zu einem digital Government kommen.

Der ehemalige US-Präsident Barak Obama sagte „I want us to ask ourselves every day, how are we using technology to make a real difference in people’s lives.“ Das Zitat zeigt ein anderes Verständnis der Bedeutung von neuen digitalen Lösungen für Politik und Verwaltung. Es setzt den Fokus nicht auf die Technologie, sondern wie diese genutzt werden kann, um das Leben der Menschen zu verbessern. Nicht mehr die Effizienzsteigerung aus dem New Public Management, die Dienstleistungsorientierung oder gar das Online-Angebot dieser Dienstleistungen sind das Ziel, sondern die wirkliche Qualitätssteigerung zugunsten der Bürger*innen und Verwaltungsmitarbeiter*innen.

Deutsches Verständnis von eGovernment

Doch nach der Reihe: „Unter Electronic Government verstehen wir die Abwicklung geschäftlicher Prozesse im Zusammenhang mit Regieren und Verwalten (Government) mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechniken über elektronische Medien“ (Definition Speyer; Von Lucke, Reinermann: 2002). Es ist die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) für die Abbildung elektronischer Prozesse in Regierung und Verwaltung, der Einsatz von IKT zur Erfüllung von Kernfunktionen und die Verfügbarmachung der Dienstleistungen des Staates in digitaler Form. eGovernment „bezeichnet die elektronische Abwicklung von Geschäftsprozessen der öffentlichen Verwaltung und Regierung und leistet einen wichtigen Beitrag zur Modernisierung der Verwaltung“, liest man auf CIO.Bund.de

Damit setzt eGovernment den Fokus auf die Nutzung der digitalen Möglichkeiten, um bestehende Angebote und Prozesse zu verbessern: zur Kommunikation und zur Beschleunigung.

eGovernment soll die Binnen- und die Außenperspektive im Reformprozess der Verwaltung implizieren, den Fokus auf Fortschritte in der Effizienz der betroffenen Institutionen setzen, die Verbesserung und Erweiterung des staatlichen Leistungsangebots erreichen sowie für Offenheit und Transparenz der politischen Prozesse sorgen. Das sind große Erwartungen an einen Begriff den es seit mehreren Jahrzenten gibt.

Unterschied zum eGovernment:

– Dienstleistungen werden nicht nur online zur Verfügung gestellt und der Fokus nicht mehr nur auf eine Effizienzsteigerung und Kommunikationsverbesserung gelegt

– dGovernment begreift die Nutzung von IT als Kernbestandteil für die Transformation des öffentlichen Sektors

– dGovernment rückt den Public Value in den Vordergrund und denkt neue Lösungen und Angebote auf Basis der jeweiligen Technologie

→ IT wird von Anfang an mitgedacht, wobei der Anspruch zur stetigen Transformation der Status Quo ist

Schaut man in die Modulbeschreibungen verschiedener Studiengänge deutscher Universitäten fehlt dieser Begriff jedoch weit und breit. Selten haben Politik- oder Verwaltungswissenschaftler Berührungspunkte dazu. Öfter sind es die Verwaltungsinformatiker. Immerhin beinhalten die Lehrpläne neben systemtechnischen Konzepten, wie der Befassung mit Content-Management-Systemen, Workgroup-/Workflow-Computing und Service-Orientierter-Architektur auch die Behandlung von Leitbildern, organisatorischen Gestaltungspotenzialen und Vorgehensweisen bei der Einführung von IT in Behörden. Letztere sind zukunftsgerichteter und bei stetiger Aktualisierung der Uniskripte gehen sie sogar ins dGovernment.

Integration verschiedener Betrachtungsweisen

Immerhin, die OECD versteht digital Government als die Nutzung digitaler Technologien als integrierter Bestandteil von Regierungen mit einer Vielzahl an Akteur*innen: neben Staatsorganen auch NGOs, Unternehmen, soziale Akteur*innen und Individuen.

Ein digital gelebtes und von den digital natives vorgemachtes dGovernment geht allerdings viel weiter. Instagram, TikTok, AirBnB und Uber sind Unternehmen, die zu 100% aufgebaut und aus den Möglichkeiten des Internets sowie Technologien gedacht wurden. Prozesse und Business-Ideen folgen unmittelbar der digitalen Logik: Technologien und Entwicklungen schöpfen gänzlich neue Möglichkeiten, um das Leben zu vereinfachen. Und das ist mehr als User Experience. Damit orientiert sich die gesellschaftliche Erwartungshaltung im Hinblick auf die Qualität staatlicher Dienstleistung an der Privatwirtschaft – statt Portal also eine App. Statt Online-Formular durchdigitalisierte Verwaltung – eigentlich keine neue Erkenntnis.

dGovernment integriert die Bedürfnisse aller Betroffenen. Social Media, Smartphones und Entwicklungen wie KI oder Big Data ermöglichen neue Regierungs- und Politikformen (Collaborative Government, mehr Zusammenarbeit zwischen Behörden und Institutionen, mehr Partizipation). In diesen Begriff kann man mehr hineinlegen, auch change management, agile Frameworks, co-creation u.v.m.

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