Montag, 7. Oktober 2024

Nehmt dem Auto den Platz weg!

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Matthias Lorenz
Matthias Lorenz
Matthias Lorenz schreibt sowohl Texte für den Online-Bereich als auch für die Zeitung. Privat ist er Hobby-Tennisspieler und begeisterter Handball-Fan.

Es ist jeden Tag dasselbe: Der kürzeste Weg ins Büro führt mich als Radfahrer entlang einer vierspurigen Straße mitten durch Bonn. Für Radfahrer*innen existiert lediglich ein “Schutzstreifen”, der seinen Namen nicht verdient hat; die weißen Fahrbahnmarkierungen schützen nämlich vor genau gar nichts. Vielmehr scheinen sie manche Autofahrer*innen zu ermutigen, Radfahrer*innen mit möglichst wenig Seitenabstand zu überholen.

Damit wären wir beim Kernproblem der urbanen Mobilität angelangt: Platzmangel. Über Jahrzehnte hinweg wurde die Verkehrsplanung am Automobil ausgerichtet, es ging darum, Autos möglichst viel Bewegungsfreiraum zu ermöglichen. Hier sind nicht nur Straßen gemeint, auch der benötigte Parkraum verschlingt Unmengen an Fläche. Dieser Platz fehlt dem Großteil der Stadtbewohner*innen, die sich nicht mit dem Auto fortbewegen. Fußgänger*innen und Radfahrer*innen werden wortwörtlich an den Straßenrand gedrängt. Busse und Trams müssen sich an vielen Stellen den Platz mit den Autos teilen, anstatt auf eigenen Spuren am Stau vorbeifahren zu können. Asphaltierte Parkplätze prägen anstatt dringend benötigter Grünflächen das Stadtbild. Die Lösung kann also nicht nur Elektromobilität heißen. So verbrauchen zum Beispiel die gerade für die Stadt hochgradig unsinnigen E-SUVs genauso viel Platz wie ihre Geschwister mit Verbrennungsmotor.

Weil der Platz nun aber begrenzt ist, kann es nur eine Lösung geben, wenn man Grünflächen, ÖPNV, Radfahrer*innen und den Fußverkehr fördern will. Dem Auto muss Platz weggenommen werden! Eine Möglichkeit sind die während der Pandemie zum Beispiel in Bonn und Berlin eingerichteten Pop-Up-Radwege, welche Radfahrer*innen zulasten des Autos eine sichere Fahrt ermöglichen. Weitere notwendige Maßnahmen sind autofreie Innenstädte, natürlich mit entsprechenden Ausnahmen für den notwendigen Lieferverkehr, der größtenteils auch von Lastenrädern erledigt werden könnte. Auch Parkraumverknappung, -verteuerung und eine Citymaut müssen in die Überlegungen mit einbezogen werden. So könnten zum Beispiel billigere ÖPNV-Tickets querfinanziert werden.

Die hier vorgeschlagenen Veränderungen sind grundlegend. Für eine echte Mobilitätswende braucht es nach Jahrzehnten automobiler Vorzugsbehandlungen jedoch ein solch umfassendes Umdenken. Klar ist auch: Gerade im ÖPNV-Bereich müssen attraktive Alternativen geschaffen werden. Genauso muss es Pendler*innen ermöglicht werden, ihr Auto am Stadtrand stehen zu lassen und mit dem ÖPNV oder Bikesharing unkompliziert und bequem in die Stadt zu fahren.

Autofahren in der Stadt muss möglichst schnell teuer und unattraktiv werden. Dies sollte von Maßnahmen flankiert werden, die keine lange Planung benötigen. Dazu zählen zum Beispiel die Verbilligung von ÖPNV-Tickets oder der schnelle Ausbau von Pop-Up-Radwegen. Dadurch werden Menschen aktiv zur Änderung ihres Mobilitätsverhalten bewegt. Nur so kann eine echte Mobilitätswende gelingen.

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