Freitag, 19. April 2024

Mehr Eigen- statt Fremdmittel

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Jörn Fieseler
Jörn Fieseler
Jörn Fieseler leitet die Berliner Redaktion des Behörden Spiegel und ist der Meinung, dass man mit Gelassenheit leichter durch's Leben kommt.

Wegbrechende Steuereinnahmen im fast zweistelligen Milliardenbereich, ein Investitionsstau von rund 150 Milliarden Euro und weitere kommunale Finanzierungsdefizite in den kommenden Jahren von sechs bis sieben Milliarden Euro: Die Lage der Kommunen sieht alles andere als rosig aus. Wie gut, dass die künftigen Koalitionäre in den Sondierungsgesprächen sechs Vorhaben angehen wollen, die Städten und Gemeinden direkt zugutekommen sollen. Bei aller Zuneigung zu den Kommunen, es reicht nicht, diese am langen Arm von Bund und Ländern hängen zu lassen.

Ein Kooperationsgebot bei Kitas und Ganztagsschulen, ein Digitalpakt Schule 2.0, eine angemessene Beteiligung von Städten und Gemeinden an Windenergie- und größeren Freiflächen-Solaranlagen, die Förderung des sozialen Wohnungsbaus mit 100.000 öffentlich geförderten Wohnungen pro Jahr, zielgenauere und verbindliche Kooperationen zwischen Bund, Ländern und Kommunen und nicht zuletzt eine mögliche Entlastung der Kommunen beim Thema Altschulden: Die Liste der guten Gaben lässt vermuten, dass SPD, Grüne und FDP das Füllhorn der Finanzen über die Kommunen ausschütten wollen. Das ist löblich. Denn die unterste Ebene des Staatswesens droht, bis auf einige wenige Ausnahmen, in den tiefroten Schuldenkeller abzustürzen. Es löst jedoch die eigentliche Problematik nicht.

Deutschlands Kommunen stehen generell zu wenig Finanzmittel zur Bewältigung all ihrer übertragenen Aufgaben zur Verfügung. Anstatt für jedes Finanzproblem einen Pakt oder ein Förderprogramm mit Genehmigungsverfahren zu etablieren, wäre es deutlich besser, Städte, Gemeinden und Landkreise stärker am Steueraufkommen partizipieren zu lassen und zum Beispiel die Umsatzsteueranteile auf fünf Prozent anzuheben.

Dafür sprechen mehrere Gründe: Erstens stärkt es die lokale Demokratie, wenn Stadträte und Gemeindeversammlungen wieder mehr selbst entscheiden können. Zweitens könnten so Förderprogramme reduziert werden. Das befreit die Kommunen davon, ständig nach neuen Geldquellen bei Bund und Ländern suchen, meistens komplizierte Antragsverfahren durchlaufen und noch Jahre später Angst haben zu müssen, dass bei einer Überprüfung der verwendeten Fördermittel Verfahrensfehler festgestellt und Rückforderungen gestellt werden. Und drittens wird damit eine Diskussion beendet, die die Übernahme der Altschulden seit Langem prägt. Nämlich diejenigen zu belohnen, die nicht nachhaltig gewirtschaftet haben.

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