Das Bewerbungsgespräch lief gut, der Vertrag ist unterzeichnet und der/die neue Mitarbeiter*in wurde freundlich begrüßt. Recruiting geglückt, oder? Noch lange nicht… Das Recruiting endet nicht automatisch mit der Einstellung neuer Mitarbeiter*innen. Wer die neuen Kolleg*innen danach sich selbst überlässt, läuft Gefahr, diese schnell wieder zu verlieren. Die Zahl der Bewerber*innen, die schon in den ersten 100 Tagen beim neuen Arbeitgeber kündigen, ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen.
17,8 Prozent – so viele Bewerber*innen haben einen neuen Job laut einer aktuellen Umfrage von softgarden schon mal in den ersten 100 Tagen der Beschäftigung wieder gekündigt. 2018 lag der Wert noch deutlich niedriger bei 11,6 Prozent. Bewerber*innen sind in einer für sie günstigen Lage. Oft können sie zwischen mehreren spannenden Jobangeboten wählen und fühlen sich weniger an einen Arbeitgeber gebunden. Für die Arbeitgeber eine herausfordernde Situation. Sie müssen die potenziellen Mitarbeiter*innen nicht nur für sich gewinnen, sondern sich auch im Onboarding weiter beweisen und sich um die Zufriedenheit der Neuen bemühen.
Doch was veranlasst neue Mitarbeiter*innen, den gewählten Arbeitsplatz schon in den ersten 100 Tagen wieder zu verlassen? Einer der Hauptgründe liegt in unzureichender Einarbeitung. Die Befragten aus dem Öffentlichen Dienst kritisieren hier beispielsweise das Verhalten von Vorgesetzten und Kolleg*innen ihnen gegenüber, z. B. dann, wenn sie Fragen gestellt haben. Teilweise sei keine Einarbeitung möglich gewesen, da die Kolleg*innen überlastet gewesen seien. Eine*r der Befragten erinnert sich an die Anweisung: „Das sind die Ordner, arbeiten Sie sich diese Woche mal ein“.
Anders als gedacht
Nicht erfüllte Erwartungen stellen den zweiten Hauptgrund für eine Kündigung während der ersten 100 Tage dar. Die Jobbeschreibung, die die Bewerber*innen in der Bewerbungsphase aufgezeigt bekommen, sollte zu den Verhältnissen passen, die sie anschließend auch im Unternehmen vorfinden. Für 89,2 Prozent der Bewerbenden ist das wichtig, doch nur 52,9 Prozent erleben dies auch in der Praxis. Dieser Wert hat sich seit 2018 kaum verändert. Obwohl die Bewerbenden den Wunsch nach einer realistischen Vorschau auf Job und Arbeitgeber schon seit Jahren formulieren, ist hier also keine Verbesserung der Situation zu erkennen.
Zudem wünschen sich die meisten neuen Mitarbeitenden von den Vorgesetzten, dass diese ihre Erwartungen klar formulieren und/oder Feedback geben. Auch die Möglichkeit selbst Feedback zu geben, halten die Befragten für wichtig. Beide Seiten könnten davon profitieren und sich dadurch weiterentwickeln, so die Einschätzung von Befragten aus dem Öffentlichen Dienst an. Doch auch hier wurden viele der neuen Mitarbeiter*innen enttäuscht. Nur 59,3 Prozent wurden die Erwartungen des/der Vorgesetzten klar und nur etwa die Hälfte der Befragten bekam in den ersten 100 Tagen Feedback von dem/der Chef*in.
Wünsche ans Onboarding
Überwiegend positiv bewerten die neuen Mitarbeiter*innen die Möglichkeit des virtuellen Onboardings. Zwar gab es auch negative Erfahrungen wie z. B. das Fehlen geeigneter Ansprechpersonen. 53,6 Prozent der Befragten empfinden das virtuelle Onboarding jedoch gleichwertig zum Onboarding in Präsenz, 16,5 Prozent halten die digitale Version sogar für besser. „Es ist möglich, verschiedene Personen aus dem Unternehmen kennenzulernen, ohne Reisezwang. Dann erfolgt eine Arbeit viel besser, man kann schnell online Probleme lösen. Ein Meeting kann man auch für die spätere Analyse aufzeichnen“, erklärt eine*r der Befragten.
Erfolgreiches Onboarding scheint der Schlüssel zum Halten neuer Mitarbeiter*innen. Damit das gelingt, wünschen sich Beschäftigte im öffentlichen Sektor von ihren Arbeitgebern kompetente Rückmeldungen auf Fragen, genaue Absprachen von Anforderungen und Erwartungen und etwas Geduld. Dann steht einer guten Zusammenarbeit und der Motivation der neuen Teammitglieder nichts mehr im Wege.