Donnerstag, 25. April 2024

Großbritannien weiterhin Teil von Europas Sicherheitsarchitektur

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Marco Feldmann
Marco Feldmann
Marco Feldmann ist Redakteur für Innere Sicherheit und Bevölkerungsschutz. Er war 15 Jahre lang Fußballschiedsrichter.

Ungeachtet des Brexits ist das Vereinigte Königreich weiter eng in den Informationsaustausch zur Abwehr von Sicherheitsbedrohungen eingebunden. Zwar musste London nach dem Austritt aus der Europäischen Union das Schengener Informationssystem und andere Datenbanken sowie Analyseprojekte des europäischen Polizeiamtes Europol verlassen. In vielen anderen Bereichen bleiben Zugänge jedoch bestehen.

So kann Großbritannien gemäß der sogenannten Prümer Beschlüsse auch in Zukunft Fahrzeugregisterdaten und biometrische Daten in EU-Staaten abfragen. Letzteres bezieht sich insbesondere auf DNA-Spuren und Fingerabdrücke. Zudem hat die Londoner Regierung weiterhin Zugang zum Europäischen Strafregisterinformationssystem (ECRIS) und erhält dadurch Informationen zu Verurteilungen in EU-Nationen. Teil des Regelwerks zum Europäischen Haftbefehls ist es allerdings nicht mehr.

Das Vereinigte Königreich tauscht jedoch auch künftig Daten zu Flugpassagieren mit den Staaten der Europäischen Union aus. Dazu bleibt die Londoner Kontaktstelle an das entsprechende Zentralstellennetzwerk angeschlossen. Gleiches gilt für die Meldestellen im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Dabei entstandene Auswertungen teilt Großbritannien dann mit Europol, der Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (Eurojust) und den Strafverfolgungsbehörden der EU-Länder. Denn auch nach dem Brexit dürfen britische Behörden mit EU-Agenturen kooperieren. Bedingung hierfür ist die Verpflichtung zur Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention. Der Europäische Gerichtshof kann einzelne Maßnahmen aber nicht mehr kontrollieren.

Verwaltungsvereinbarungen fehlen noch

Gleichwohl entsendet London Verbindungsbeamte zu Europol und Eurojust und darf aller Wahrscheinlichkeit nach auch in Zukunft an Gemeinsamen Ermittlungsgruppen teilnehmen. Details dazu müssen jedoch noch in Arbeits- oder Verwaltungsvereinbarungen geregelt werden, die Europol noch mit den britischen Behörden zu schließen hat. Bereits fest zwischen EU und Vereinigtem Königreich vereinbart ist die Einrichtung eines Sonderausschusses für die Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung und der Justiz.

Niedersachsens Innenminister, Boris Pistorius (SPD), der Mitglied des parlamentarischen Kontrollausschusses von Europol ist, sagte: “Auch der Brexit stellt die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden vor Herausforderungen. Unser klares Ziel muss es darum sein, auch in Zukunft dafür zu sorgen, dass die Bürgerinnen und Bürger in Europa sicher leben können.” Das sei gerade während der Corona-Pandemie eine riesige Herausforderung und könne nur in enger, konstruktiver Zusammenarbeit mit den europäischen Nachbarn gelingen. Pistorius will Europol weiterentwickeln. Hierzu meint er: “Um die Menschen in Europa wirksam vor internationaler Kriminalität und Terrorismus zu schützen, müssen wir der europäischen Ebene langfristig Exekutivbefugnisse übertragen. So können wir echte grenzüberschreitende und effektive Strafverfolgung gewährleisten.” Der Rückzug hinter die Mauern des Nationalstaats sei aus der Zeit gefallen und werde den längst grenzüberschreitenden Herausforderungen des 21. Jahrhunderts nicht mehr gerecht.

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