Freitag, 26. April 2024

Sollen geraubte Exponate aus staatlichen Museen zurück in ihre Ursprungsländer?

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Büsra Tasdemir
Büsra Tasdemir
Büşra Taşdemir ist Teil der Bonner Redaktion und schreibt für Online- und Print hauptsächlich über Kommunalthemen. In ihrer Freizeit ist sie einfach gerne unter Menschen und fängt viele Eindrücke auf ihrer analogen Kamera ein - zum Leidwesen ihrer Mitmenschen.

Die Restitution der Kulturgüter, die während der Kolonialherrschaft in Übersee erworben bzw. geraubt wurden, findet heute nach und nach statt. Grundsätzlich sollten Dinge an die rechtmäßigen Eigentümer zurückgegeben werden. Nigeria fordert seit zig Jahren seine geraubten Kulturgüter zurück: Die Benin-Bronzen aus dem Königreich Benin, welches Teil des britischen Kolonialreichs war und heute ein Teil von Nigeria ist, wurden an Museen und Sammler*innen in der ganzen Welt, u. a. auch an Deutschland, verkauft. Sie befinden sich noch heute in vielen staatlichen Museen.

Viele postkoloniale Staaten Afrikas, Asiens, Ozeaniens sowie Süd- und Mittelamerikas verlangen bis heute die gestohlenen Kulturgüter von den ehemaligen Kolonialmächten zurück – das jahrelange Schweigen bei der Rückgabediskussion von kolonialem Raubgut in staatlichen Museen war dabei sehr laut. Die Rückgabe könnte als erster Schritt zur Korrektur historischer Ungerechtigkeiten gesehen werden, auch wenn man sich damit gleichzeitig nicht von historischer Schuld und gegenwärtiger Verantwortung “freikaufen” kann.

Die staatlichen Museen hätten sich bei der Rückgabedebatte schon eher öffnen müssen, um dem postkolonialen Diskurs einen Raum zu geben. Die langsame Rückgabe einer Reihe von Kulturgütern begann erst 2020. Viel zu spät. Die Bereitschaft zur Rückgabe sei in vielen staatlichen Museen zwar da, aber sie sei schwierig. Das wird damit begründet, dass beim Thema koloniale Raubkunst der Frage nachgegangen wird, ob die Objekte rechtmäßig erworben wurden. In der Kolonialzeit galt das deutsche Kolonialrecht, sich bei dieser öffentlichen Diskussion auf diese Rechtsfrage zu berufen, ist nicht zeitgemäß. Denn diese Frage führt dazu, dass man den Besitz damit legitimiert, dass „schon damals“ gestohlen wurde. Der Gedanke ist auch nicht rechtmäßig und lenkt von der eigentlichen Frage, ob geraubte Kulturgüter zurück in ihre Ursprungsländer sollen, ab.

Geraubte Kulturgüter sollen zurück in ihre Ursprungsländer. Zudem lässt sich heute der Ursprung der Objekte mithilfe der Provenienzforschung einfacher herausfinden. Die Provenienzforschung wurde erst 73 Jahre nach Kriegsende, 69 Jahre nach Gründung der Bundesrepublik und 52 Jahre nach Gründung der Ostdeutschen Galerie begonnen. Obwohl sie ein gesteigertes mediales Interesse seit den Skandalen wie bspw. dem Rücktritt der französischen Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy aus dem Beirat des Humboldt-Forums bekommen hat, entziehen sich viele deutsche Museen heute noch einer Provenienzforschung. Aus diesem Grund ist es umso begrüßenswerter, dass sich Kulturstaatsministerin Claudia Roth mit der Rückgabe der Benin-Bronzen auseinandersetzt.

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