Montag, 6. Mai 2024

Eine Geschichtsstunde in Gemischtwirtschaft

Was nicht passt wird passend gemacht

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Jonas Benecke
Jonas Benecke
Jonas Benecke ist Werkstudent beim Behörden Spiegel und unterstützt die Online Redaktion beim Audio- und Videoschnitt, sowie bei Recherchearbeiten und der Vorbereitung von F4p Beiträgen. In seiner Freizeit produziert er gerne Musik und arbeitet an eigenen Remixes.

Public Private Partnerships (PPP) sind keinesfalls ein Phänomen der Moderne, auch wenn der Name dies vielleicht vermuten lässt. Schon seit der vorindustriellen Zeit und während der Industrialisierung wurden große Teile der materiellen Infrastruktur nach dem PPP-Prinzip betrieben. Dabei gingen einige maßgebliche Innovationen aus solchen Projekten hervor. 

Im 19 Jahrhundert existierten bereits viele gemischtwirtschaftliche Eisen- und Nebenbahnunternehmen, aber auch Elektrizitäts-, Gas- und Wasserwerke wurden in öffentlich-privater Zusammenarbeit aufgebaut und betrieben. Dabei gab es jedoch fließende Übergänge zwischen vertraglichen- und organisatorischen Kooperationen, die heute aufgrund teils fehlender Dokumentation nur schwer nachzuvollziehen sind. Ein Großteil, also rund 73%, der deutschen PPPs war jedoch nicht vertraglich festgelegt und somit organisatorisch. 

Ein bekanntes Beispiel dafür war die Zusammenarbeit von Bauern und der Stadt Frankfurt, die im Jahre 1873 mit der Gründung des Frankfurter Fuhramts begann. Der Müll in den Straßen Frankfurts bestand im Gegensatz zu heute größtenteils aus Asche, Gemüseabfällen und Pferdemist. Das Frankfurter Fuhramt musste diesen umständlich mit Pferdefuhrwerk aufsammeln und abtransportieren. Wegen dieser Überlastung wandten sie sich an die Bauern der Stadt und des Umlandes, die den Pferdemist besonders gut für das Düngen ihrer Felder gebrauchen konnten. Dementsprechend entstand durch diese Kooperation wohl auch eine historische Form des Recyclings. 

Im geschichtlichen Verlauf nahmen PPPs immer weiter zu. Beispielsweise wurde ebenfalls in Frankfurt am Main 1925 das Stadtplanungsprogramm „Neues Frankfurt“ ins Leben gerufen. Aufgrund der akuten Wohnungsnot, bedingt durch die Folgen des Krieges, engagierte die Stadt Frankfurt den Architekten Ernst May und gab ihm eine größtenteils freie Verfügung über das Projekt, welches 10.000 neue Wohnplätze in der Stadt anstrebte. May umgab sich daraufhin mit einem Stab an jungen Architekten, Künstlern, Designern und Technikern. Am Ende des Projektes war es dem Team nicht nur gelungen die geplanten 10.000 Wohnplätze um 2.000 weitere zu überbieten, sie hatten mit ihrer Innovationsfähigkeit auch neue Standards des Wohnens gesetzt. Ein Beispiel hierfür war die von der Wiener Architektin Margarete Schütte-Luhotzky entworfene „Frankfurter Küche“, die als Urtyp der modernen Einbauküche bezeichnet wird. In der Rezeption wird „Neues Frankfurt“ als eine der einflussreichsten Bewegungen in der Gestaltung des 20. Jahrhunderts gesehen. 

Aus der Geschichte der PPPs lässt sich erkennen, dass eine wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen privater- und öffentlicher Hand auf keinen Fall problematisch oder kontraproduktiv sein muss. Ganz im Gegenteil können beide Bereiche einander befruchten und anregen. Aus den PPPs der Vergangenheit entstanden große Innovation und bedeutende Projekte. 

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