Dienstag, 30. April 2024

Tauglich für den Öffentlichen Dienst

Nebenbei gesund

Must read

Jonas Benecke
Jonas Benecke
Jonas Benecke ist Werkstudent beim Behörden Spiegel und unterstützt die Online Redaktion beim Audio- und Videoschnitt, sowie bei Recherchearbeiten und der Vorbereitung von F4p Beiträgen. In seiner Freizeit produziert er gerne Musik und arbeitet an eigenen Remixes.

Tobias Schwerdtfeger arbeitet für den Kreis Viersen. Seine Auftraggeber sind Beamte, Gerichte und andere Institutionen, die seine Gutachten und seine Expertise als Amtsarzt schätzen. Im Interview klärt er uns über seinen Beruf auf, zeigt, wie vielseitig sich seine Arbeit im öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) gestaltet und kommt auf die berüchtigte amtsärztliche Untersuchung zu sprechen.

Wie war dein Werdegang als Arzt und was hat dich dazu bewogen in den öffentlichen Gesundheitsdienst zu gehen?

Im öffentlichen Gesundheitsdienst bin ich mehr oder weniger zufällig gelandet. Nach dem Medizinstudium habe ich erst eine Stelle in der Anästhesie gehabt. Nachdem ich diese verlassen habe, habe ich zufällig gesehen, dass ein großes Gesundheitsamt in meiner Nähe Ärzt*innen zur Bewältigung der COVID-Pandemie gesucht hat. Da habe ich mich kurzerhand beworben und bin auch sehr schnell genommen worden. Eigentlich war diese Stelle nur als Übergangslösung gedacht, hat mich aber letztendlich dazu gebracht im ÖGD zu bleiben.

Welche Vor- und Nachteile hat deiner Meinung nach eine Anstellung im ÖGD im Vergleich zur freien medizinischen Berufstätigkeit?

Ein riesiger Vorteil ist definitiv die Work-Life-Balance. Ich habe flexible und geregelte Arbeitszeiten, kann teilweise Homeoffice machen und habe kein finanzielles Risiko, wie es zum Beispiel bei einer eigenen Praxis der Fall wäre. Die Arbeit ist auch deutlich besser planbar, da man mehr Zeit für die einzelnen Fälle zur Verfügung hat.

An die juristische und Verwaltungsseite des Berufes musste ich mich am Anfang erstmal gewöhnen, da hat man vorher ja nicht so viel mit zu tun. Auch das Ansehen des ÖGD kann für manche vielleicht ein Nachteil sein. Mich selber stört es nicht.

Ein Arzt im ÖGD hat andere Aufgaben, als im privaten Bereich. Was sind deine Spezialgebiete und Aufgabenbereiche?

Ich arbeite in der Abteilung “Gutachten, Sozialpsychiatrie, Infektions- und Umwelthygiene”. Hauptsächlich erstelle ich Gutachten im Auftrag verschiedener Institutionen und Behörden zu ganz unterschiedlichen Fragestellungen. Hier hat man mit vielen verschiedenen Aspekten und Fachdisziplinen der Medizin zu tun, das ist ziemlich vielseitig. Im Bereich Infektionsschutz wirke ich daran mit, übertragbare Krankheiten einzudämmen, beispielsweise überwachen wir medizinische Einrichtungen und begleiten Kontaktpersonen von Menschen, die an Tuberkulose erkrankt sind. Im Bereich Sozialpsychiatrie sind wir in erster Linie Ansprechpartner für die sofortige Unterbringungen nach PsychKG NRW, im allgemeinen auch oft “Zwangseinweisung” genannt. Dazu kommen noch kleinere Dinge die unregelmäßig anfallen. Wir fangen jetzt beispielsweise wieder an reisemedizinische Beratungen anzubieten. 

Viele Anwärter*innen für den Öffentlichen Dienst stellen sich Fragen rund um die amtsärztlichen Untersuchung. Doch was steckt wirklich dahinter? Wie wird sie durchgeführt und was unterscheidet sie von anderen ärztlichen Untersuchungen?

Eine amtsärztliche Untersuchung soll in erster Linie immer dazu dienen, dass man medizinisch zu einer bestimmten Fragestellung etwas sagen kann. Das bekannteste Beispiel ist sicherlich die Untersuchung bevor man verbeamtet wird. Es gibt aber noch deutlich mehr Untersuchungsanlässe, z.B. zur Dienstfähigkeit von Beamt*innen, zu beihilferechtlichen Fragestellungen, zu Fragestellungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz u.v.m. Da Amtsärzte juristisch sicher Stellung beziehen müssen, nehmen sie sich im Allgemeinen deutlich mehr Zeit in der Untersuchung als man es beispielsweise aus der Praxis kennt. Auch werden oft vorhandene Befunde mit gesichtet und in die Bewertung mit einbezogen. 

Gibt es Vorbereitungen, die der zu Untersuchende im Vorhinein treffen kann?

Es hilft immer enorm, wenn eventuell vorhandene medizinische Befunde vorher schon übersendet oder zur Untersuchung mitgebracht werden. Wenn man diese Befunde später erst bei Kolleg*innen anfordern muss, verliert man einerseits viel Zeit, andererseits ist es für die Untersuchung an sich auch deutlich besser wenn bereits alle Fakten auf dem Tisch liegen. Dann ist das Gespräch zielgerichteter. Ansonsten ist die Vorbereitung in erster Linie auch Sache des Teams aus dem Gesundheitsamt. Die Person, die untersucht wird, sollte sich nicht nervös machen und auf alle Fragen ehrlich antworten.

In welchen Bereichen des Öffentlichen Dienstes ist eine amtsärztliche Untersuchung notwendig?

Wie bereits erwähnt ist das bekannteste Beispiel sicherlich die Untersuchung vor einer eventuellen Verbeamtung. Ansonsten wird auch zur Dienstfähigkeit von Beamt*innen Stellung genommen, die Beihilfestelle richtet medizinische Fragen an uns und wir untersuchen Personen nach einem Dienstunfall. Bevor Beamt*innen eine Rehabilitationsmaßnahme antreten können, ist auch eine amtsärztliche Stellungnahme notwendig. 

Welche Voraussetzungen müssen grundsätzlich erfüllt werden und gibt es Ausschlusskriterien für eine Beschäftigung im Öffentlichen Dienst?

Wichtig ist, dass man sich immer den Einzelfall anguckt. Wir schauen in der Bewertung einerseits den individuellen medizinischen Zustand der Person, aber auch das einzelne Stellenprofil mit den zu erwarteten Tätigkeiten an. Man kann nicht sagen, dass Erkrankung X eine Tätigkeit im Öffentlichen Dienst grundsätzlich ausschließt. Die individuelle Person muss geeignet sein. 

Kann sich jeder beim Amtsarzt untersuchen lassen oder gibt es da Einschränkungen?

Wir arbeiten grundsätzlich im Auftrag von Behörden, Gerichten oder anderen Institutionen. Bis auf wenige Außnahmen (Prüfungsfähigkeit von Studierenden bspw.) kann eine Privatperson nicht einfach um eine amtsärztliche Untersuchung bitten.

Vorheriger Artikel
Nächster Artikel
- Werbung -

More articles

Latest article