Sonntag, 28. April 2024

Nachhaltigkeit in ländlichen Regionen

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Einfamilienhausgebiete, lange Wege und eingeschränkte Erreichbarkeit prägen ländliche Regionen ebenso wie Gewerbegebiete, Wind- und Solaranlagen, die mit Land- und Forstwirtschaft, Naturschutz und Erholung oder Rohstoffabbau um knappe Flächen konkurrieren. Häufig intensivieren sich Nutzungsinteressen hinsichtlich der Ressource Land in florierenden Regionen, während sich in schrumpfenden Regionen Ungleichheiten der Lebensverhältnisse verstärken. Durch eine themen- sowie raumübergreifende Betrachtung von verschiedenen Herausforderungen der öffentlichen Daseinsvorsorge ergeben sich häufig Chancen für eine nachhaltige Gestaltung und Planung ländlicher Regionen.

Eine inhaltlich und räumlich verflochtene Planung soll die vielfältigen Aspekte von Raum-, Landschafts-, Verkehrs-, Siedlungsplanung u.a. integrieren und ermöglichen, Zielkonflikte frühzeitig zu erkennen und zu adressieren. In „UMLANDSTADT umweltschonend – Nachhaltige Verflechtung von Wohnen, Arbeiten, Erholung und Mobilität“ hat das Umweltbundesamt daher konkrete Empfehlungen formuliert, wie eine abgestimmte Planung dazu beitragen kann, flächensparendes Wohnen zu schaffen, wie die ökologische Verkehrswende auch im Umland gelingen kann und wie wir die positiven Effekte der Digitalisierung und Veränderungen der Arbeitswelt nutzen können.

Themenfelder Wohnen und Ernährung als Chance für nachhaltige Entwicklung im ländlichen Raum nutzen!

Chancen für den ländlichen Raum ergeben sich vor allem durch neue Wohn-, Arbeits- und Mobilitätskonzepte, aber auch im Themenfeld Ernährung und Landwirtschaft. Ansätze für eine Fokussierung der Wohnraumentwicklung rund um die Haltestellen des schienengebundenen Personennahverkehrs und für die interkommunale Abstimmung flächensparenden Wohnens wurden im Rahmen der BMBF-Fördermaßnahme „Stadt-Land-Plus“ in mehreren Projekten (NEILA, NACHWUCHS und Interko2) erarbeitet. Um die zunehmende Inanspruchnahme ertragreicher, wertvoller Böden für die Landwirtschaft in der Stadtregion Köln zu reduzieren, wurden im Stadt-Land-Plus-Projekt NACHWUCHS verschiedene Entwürfe für „agri-urbane Siedlungsmodelle“ erarbeitet, die innovative Bebauungs- und Freiraumformen mit Produktion und Vertrieb von Nahrungsmitteln verzahnen. Teilaspekte dieser Entwürfe werden bereits in der Stadtplanung aufgegriffen und sukzessive umgesetzt.

Chancen für sektorenübergreifende regionale Wertschöpfung und öffentliche Daseinsvorsorge ergeben sich im Themenfeld Ernährung und Landwirtschaft. Die Verschneidung der Themen Ernährung, räumliche Entwicklung und Agrarentwicklung bietet Potenziale zur Sicherung landwirtschaftlicher Flächen. Empfehlungen für kommunale Planungsinstrumente wurden im Stadt-Land-Plus-Projekt KOPOS zusammengestellt. Das Projekt WERTvoll zeigt in der Region Leipzig, dass regionale Ernährungssysteme neben Arbeitsplätzen und Einnahmen für Kommunen auch Synergien mit Klimaschutz, Naturschutz, Erholung und Bildung ermöglichen, z.B. mittels marktorientierter Mehrnutzungskonzepte, in denen mehrere Leistungen gezielt auf derselben Fläche verankert werden (z. B. Nahrungsmittelerzeugung, Trinkwassergewinnung, Klima- und Artenschutz).

Regionale Kooperation und Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse stärken!

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die aufgeführten Lösungsansätze sind regionale Kooperationen, die v.a. in der Infrastrukturplanung, im Flächenmanagement (insbesondere bzgl. Gewerbe- und Wohnflächen) oder der Außendarstellung neue Standortpotenziale eröffnen können. Empfehlungen für die Umsetzung von interkommunaler Zusammenarbeit zwischen Städten und ländlichen Kommunen auf Augenhöhe wurden in der BMBF-Fördermaßnahme Stad-Land-Plus formuliert, um Austauschbeziehungen und -prozesse sowie Mechanismen für den Ausgleich von Nutzen und Lasten zwischen Stadt- und Landkommunen nachhaltig und fair zu gestalten. Das trägt nicht zuletzt zur Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse bei.

Besonders für den ländlichen Raum und insbesondere periphere schrumpfende Regionen spielen gleichwertige Lebensverhältnisse eine wichtige Rolle. Neben der Ausstattung mit Infrastruktur und anderen Leistungen der Daseinsvorsorge tragen auch Umweltaspekte, z.B. Immissionsschutz, Klimaanpassung, Flächen- und Ressourcenschutz wesentlich zur Lebensqualität der Menschen bei. Im UBA-Forschungsvorhaben „Stadt und Land: Gleichwertige Lebensverhältnisse unter Ausgestaltung nachhaltiger Raumbeziehungen“ wird derzeit die Bedeutung von Umweltaspekten für gleichwertige Lebensverhältnisse analysiert, wobei die Ergebnisse voraussichtlich im Laufe des Jahres vorliegen werden.


Nadine Pannicke-Prochnow ist seit 2022 Projektleiterin im Querschnittsvorhaben der BMBF-Fördermaßnahme „Stadt-Land-Plus“ am Umweltbundesamt. Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung der Fördermaßnahme vernetzt das UBA die beteiligten Akteure und wertet die Erfahrungen der Verbundprojekte wissenschaftlich aus.

Dr. Daniel Reißmann ist seit 2016 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Umweltbundesamt. Er beschäftigt sich vor allem mit Ressourcenschonung im urbanen Raum, Flächenschutz, Stadt-Land Beziehungen und Aspekten des Strukturwandels aus Umweltschutzsicht.

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