Samstag, 27. April 2024

Wissenstransfer einmal umgekehrt

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Mentoring-Programme sind in der Deutschen Bundesbank seit vielen Jahren fest etabliert. Nun wird mit Reverse Mentoring ein weiteres Konzept getestet, bei dem jedoch erfahrene Führungskräfte die Rolle der Lernenden einnehmen und Nachwuchskräfte zu Lehrenden werden.

In großen Wirtschaftsunternehmen ist Reverse Mentoring bereits seit längerem bekannt, im Öffentlichen Dienst wird es dagegen noch wenig genutzt. Der Demografiebeauftragte der Bundesbank hat nun gemeinsam mit der Führungskräfte- und Talententwicklung des Zentralbereichs Personal ein entsprechendes Pilotprogramm initiiert, das Anfang Juni mit neun Mentoring-Tandems gestartet ist.

(Foto: LoboStudioHamburg, pixabay.com)

Jüngere Beschäftigte sollen dabei als Mentor*innen ihr Wissen und ihre Sichtweisen an erfahrene Führungskräfte, die Mentees, weitergeben. Welche Themen in dem auf sechs Monate angelegten Programm konkret besprochen werden, liegt in den Händen der Tandems selbst. Es liegen aber einige Themen nahe, bei denen die jüngere Generation häufig einen Wissensvorsprung hat, wie im Bereich digitale Technologien, Social Media oder New Work.

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels fördert Reverse Mentoring den Dialog der im Unternehmen vertretenen Generationen – und zwar hierarchieübergreifend. Wenn hierdurch mehr Verständnis füreinander entsteht, ist das ein wichtiger Schritt zur Entwicklung einer attraktiven und zeitgemäßen Unternehmenskultur. Durch den stattfindenden Wissenstransfer werden auch die digitale Transformation des Unternehmens und die Entwicklung hin zu einer lernenden Organisation unterstützt. Führungskräfte stärken ihre „digitale Fitness“, während Nachwuchskräfte wertgeschätzt werden und ihren Arbeitgeber als innovativ, offen und modern erleben.

(Foto: algedroid, pixabay.com)

Der mit Reverse Mentoring einhergehende Kulturwandel sollte top-down gelebt werden, um die Akzeptanz des Instruments in der Organisation zu erhöhen. Als Mentees haben wir daher Führungskräfte der ersten beiden Managementebenen angesprochen. Auf Seiten der Mentor*innen wurden intern ausgebildete Nachwuchskräfte und junge externe Einsteiger*innen angefragt. Wichtig war uns dabei den Fokus auf den erfolgreichen Ausbildungsabschluss und die Einarbeitung im Fachbereich nicht zu stören, weshalb die Kolleg*innen bereits etwa ein bis drei Jahre in der Bundesbank gearbeitet haben sollten. Der Ausbildungshintergrund oder die aktuelle Tätigkeit spielten bei der Auswahl der Mentor*innen keine Rolle, es wurde also zum Beispiel nicht gezielt nach IT-lern gesucht.

Anhand verschiedener Themenvorschläge wurden über einen Online-Fragebogen die Interessen der potentiellen Teilnehmer*innen erfragt und basierend darauf das Matching der Tandems vorgenommen. Einziges weiteres Kriterium war, dass Mentor*innen und Mentees nicht aus dem gleichen Fachbereich kommen durften, da eine hierarchische Abhängigkeit das für Mentoring notwendige Vertrauensverhältnis belasten könnte.

Im Rahmen einer gemeinsamen virtuellen Auftaktveranstaltung lernten sich die Tandems Anfang Juni kennen und befinden sich nun auf einer halbjährigen Lernreise. Die regelmäßigen Treffen in diesem Zeitraum werden eigenverantwortlich organisiert und durchgeführt. Nach drei Monaten wird es eine Halbzeitveranstaltung geben, ehe Anfang Dezember ein Abschlussevent geplant ist. Auf Basis eines Feedbacks aller Teilnehmer*innen wird dann entschieden, ob aus dem Piloten eine dauerhafte Einrichtung wird. Die bisherige Resonanz der Teilnehmer*innen und Reaktionen auf die interne Berichterstattung zum Programmstart waren auf jeden Fall schon sehr positiv.

Werner Neumer studierte Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule der Deutschen Bundesbank und Wirtschaftsrecht an der Universität des Saarlandes. Nach Stationen im Personalgrundsatz- und Organisationsbereich der Bundesbank ist er als Mitarbeiter deren Demografiebeauftragten nun mitverantwortlich für die Konzeption und Durchführung des Pilotprogramms Reverse Mentoring.

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