Samstag, 27. April 2024

Das Goethe-Institut: Ein Begegnungsort Deutschlands mit der Welt

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Lorans El Sabee
Lorans El Sabee
Lorans El Sabee unterstützt als Werksstudent die Bonner Redaktion und ist Masterstudent an der Bonner Universität. Zu seinen Hobbys gehören das Schwimmen und Netflix zu schauen. Ferner beschäftigt er sich gerne mit der Geschichte der politischen Ideen und reflektiert über eine Vielzahl politischer Probleme.

Mark Twain, einer der bedeutendsten amerikanischen Schriftsteller, soll einst über die deutsche Sprache gesagt haben: „Die deutsche Sprache sollte sanft und ehrfurchtsvoll zu den toten Sprachen abgelegt werden, denn nur die Toten haben die Zeit, diese Sprache zu lernen“. Dass sich für sie nicht nur Tote Zeit nehmen, beweist das große Interesse an dem Erlernen der deutschen Sprache im Ausland. Diese wird auf der Weltkulturbühne von namenhaften Dichtern und Denkern vertreten. Einer der bedeutendsten Schöpfer deutschsprachiger Dichtung, der Frankfurter Nationaldichter Johann Wolfgang von Goethe, ist zeitgleich auch der Namensgeber der kulturellen auswärtigen Repräsentation Deutschlands: des  Goethe-Instituts (GI).

Die Aufgabe des GI ist es, die Kenntnis der deutschen Sprache im Ausland zu fördern, die internationale kulturelle Zusammenarbeit zu pflegen und ein umfassendes, aktuelles Deutschlandbild zu vermitteln. Das Institut hat 157 Standorte in 98 Ländern, in denen jährlich ca. 250.000 Menschen an Deutschkursen teilnehmen. Das Goethe-Institut ist die zentrale Mittlerorganisation des Auswärtigen Amtes in Sachen Kulturbeziehungen zum Ausland. Das GI ist mit einem konkreten Aufgabenkatalog betraut, auf dessen Grundlage es eigenverantwortlich für den Staat tätig wird.

Zu den Aufgaben des GI gehört zunächst das Unterrichten der deutschen Sprache im Ausland. Das GI führt hierzu Sprachkurse und -prüfungen für Lernwillige durch. Zudem bietet es Fortbildungen für Deutschlehrer*innen an, die mit etwa 1.700 Stipendien jährlich finanziell unterstützt werden. Des Weiteren ist es in wissenschaftlichen Forschungen aktiv. Darüber hinaus ist es im Bereich der internationalen kulturellen Zusammenarbeit auf den Gebieten Literatur, Musik, Theater, Film, Tanz, Ausstellungen und Übersetzung tätig. Es organisiert Kooperationen mit Partnern in den Gastländern, entwickelt gemeinsam Programme zum kulturellen und gesellschaftlichen Austausch und liefert unter anderem Beiträge zu Festivals. Bei diesen Projekten an den Auslandsinstituten wirken Künstler*innen aus Deutschland mit und fördern so den kulturellen und gesellschaftlichen Dialog der Bundesrepublik Deutschland mit der Welt.

1953 begann das Goethe-Institut mit den ersten Sprachkursen und übernahm die Aufgaben zur Förderung von Deutsch als Fremdsprache im Ausland. Auf Initiative des damaligen Leiters der Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes, Dieter Sattler, wurden ab 1959 alle staatlichen westdeutschen Kulturinstitutionen im Ausland Teil des Goethe-Instituts. Insbesondere unter der sozialliberalen Koalition Willy Brandts erlebte das GI Anfang der siebziger Jahre einen signifikanten Bedeutungszuwachs und galt fortan als Säule der deutschen Außenpolitik.

Was heißt das aber alles im Konkreten? Wie sieht es vor Ort aus? Dazu ein Blick zum Goethe-Institut in Sofia, Bulgarien. Seit 2003 in einem Gebäude des ungarischen Kulturministeriums mitten im Zentrum der Stadt untergebracht, betreut es jährlich ca. 2.000 Kurs- und Prüfungsteilnehmer*innen. Das Goethe-Institut Sofia wurde bereits 1989 offiziell eröffnet. Damals hatten die ersten Sprachkurse rund 300 Kursteilnehmer*innen pro Jahr, allerdings verdoppelte und verdreifachte sich in wenigen Jahren die Zahl der Deutschlernenden rasant. In den letzten 32 Jahren hat das Sprachprogramm des Instituts mit Lehrkräften und Partnerschulen aktiv zusammengearbeitet.

Das Erlernen der deutschen Sprache hat eine lange Tradition in Bulgarien und das Interesse an der deutschen Sprache ist heutzutage sehr groß, da es in den Großstädten Bulgariens viele Zweigniederlassungen deutscher Firmen gibt und der Tourismus aus Deutschland zunimmt. Andererseits möchten viele junge Deutschlernende hier studieren und das motiviert sie zusätzlich, die Sprache zu erlernen und die Prüfungen abzulegen.

Die Sprachkurse haben verschiedene Formate, was sie attraktiver für unterschiedliche Lerngruppen macht. Außerdem haben die Kursteilnehmer*innen die einzigartige Möglichkeit, die Kulturarbeit des GIs mitzuerleben, d.h. Ausstellungen zu besuchen, sich deutschsprachige Filme anzusehen oder Bücher auszuleihen. Im Rahmen der Förderung der deutschen Sprache in Bulgarien bietet das GI Seminare und vielfältige Dienstleistungen für bulgarische Deutschlehrer*innen an. In Zusammenarbeit mit bulgarischen Partnern unterstützt man auch nationale und europäische Projekte der Fremdsprachen-Förderung.

Die Bibliothek des Instituts wurde renoviert und umgestaltet, um den Interessen der zeitgenössischen Leser*innen gerecht zu werden. Das digitale Angebot „Onleihe“ bietet freien Zugang zu über 25.000 E-Books, Audiodateien und Filmen. In gemeinsamen Veranstaltungen mit bulgarischen Bibliotheks- und Informationseinrichtungen fördert die Bibliothek die Vertiefung eines fachlichen Austauschs und Dialogs. Das Kulturprogramm des GI ist sehr vielfältig und bietet buchstäblich fast „jeden zweiten Tag“ eine neue Veranstaltung an. Schwerpunkte des Kulturprogramms für dieses Jahr sind Themen wie Künstliche Intelligenz, Kunst und Politik, Medienausbildung, die die Diskriminierung von Minderheiten bekämpft, Begegnungen zwischen bulgarischen und deutschen Künstler*innen und Intellektuellen, die Präsentation deutscher Gegenwartskultur und die Förderung deutsch-bulgarischer und europäischer Zusammenarbeit auf kulturellem und geistigem Gebiet.

Der zeitgenössische Tanz ist ebenfalls ein zentrales Thema im Kulturprogramm: das Goethe-Institut lädt auch in diesem Jahr Gastspiele nach Sofia ein und trägt somit zum Einweihungsprogramm des neuen Kulturzentrums „Toplozentrala“ in Sofia bei.

Zur 25. Ausgabe des Sofia Internationalen Filmfestivals lädt das GI den deutschen Regisseur Andres Veiel ein. Mit der Premiere seines letzten Films „Ökozid“ in Bulgarien will das GI die Debatte eröffnen, ob Staaten dazu verpflichtet werden können und sollen, alles zu tun, um den Klimawandel zu verhindern.

Im Bereich des Theaters hat sich das GI Sofia auf das Projekt „New Stages South-East“ fokussiert, das den Austausch zwischen Theaterautor*innen in Südosteuropa und Deutschland fördert. Zu den Fokuspunkten der Arbeit gehört ebenfalls „Media Incubator“, das Trainingsprogramm für Journalist*innen, die sich für Vielfalt in den Medien und gegen die Diskriminierung von Minderheiten engagieren wollen. In diesem Jahr wird das Programm auch auf Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Nordmazedonien und Rumänien ausgeweitet.

Das sind einige Schwerpunkte, die trotz der Pandemie realisiert werden konnten bzw. noch realisiert werden. Darüber hinaus hat das GI in Sofia dieses Jahr auch den Podcast „Auf gleicher Welle“ konzipiert und entwickelt. Unter diesem Link kann man bei Interesse weitere Informationen über die Projekte und über die Fokuspunkte des Kulturprogramms bekommen: https://www.goethe.de/ins/bg/de/kul/mag/22080150.html

Für die Förderung von Mehrsprachigkeit als Grundlage für die Herstellung einer europäischen Öffentlichkeit leistet das GI in Sofia vorbildliche Arbeit. Bei den weiteren europäischen Goethe-Instituten dürfte die Stärkung des europäischen Bürgerbewusstseins und des innereuropäischen Dialogs sicherlich ebenfalls nicht zu kurz kommen. Das Goethe-Institut leistet bei dem Aufbau und der Entwicklung von Informationsstrukturen immense Arbeit. Damit dürfte das GI ein wichtiger Begegnungsort Deutschlands mit der Welt sein.

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