Samstag, 27. April 2024

Kann die Bundesagentur agil?

Die Agilen Vorantreibenden

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Bei Bundesagentur für Arbeit – kurz BA – denkt man sicher nicht sofort an Agilität. Und ehrlich gesagt, wir waren am Anfang skeptisch, ob das wirklich agil wird oder man nur das Etikett „Agil“ dranhängt.

Schon der Projektname EDA-BE = „Elektronischer Datenaustausch für Bescheinigungen und Erstattungen“ klingt doch eher nach „Beamtendeutsch“. Oberstes Projektziel war die Umsetzung des gesetzlichen Auftrags, den Datenaustausch der BA mit den gesetzlichen Krankenkassen und der Rentenversicherung zu digitalisieren. Den Empfänger*innen von Arbeitslosengeld soll damit Zeit und Aufwand gespart werden. Unterlagen, die Kund*innen bisher vorlegen mussten, um auch in der Arbeitslosigkeit krankenversichert zu sein bzw. den korrekten Betrag an Arbeitslosengeld zu erhalten, holt die BA nun digital ab. Und das ohne Mehraufwand für die Mitarbeiter*innen. Zusammenfassend also ein gesetzlich vorgegebener Zeitrahmen und feste Inhalte. Klingt gar nicht agil.

Trotzdem haben wir im Projekt auf ein agiles Vorgehen mit Scrum und auf eine Teamaufstellung nach DevSecOps (Development – Security – Operation) gesetzt.

·       Scrum ist das vermutlich bekannteste agile Vorgehen und setzt auf kurze Iterationen: Alle zwei Wochen stellen die Entwicklungsteams die Veränderungen und Neuentwicklungen vor. Damit wird früh erkannt, ob die Funktionalität korrekt verstanden und umgesetzt wurde.

·       DevSecOps bedeutet, dass die Entwickler*innen die Software auch in der Produktion selbst betreiben und damit auch für die Anwenderunterstützung, Sicherheit und die Fehlerbehebungen verantwortlich sind. Kurz gesagt: You build it, you run it.

Beides ist in den letzten Jahren sehr populär geworden, insbesondere, weil Unternehmen wie Amazon, Google oder Spotify so vorgehen. Denn es ermöglicht schnell auf Veränderungen zu reagieren und neue Erkenntnisse direkt umzusetzen.

Im Projekt hatten wir es mit ca. 100 externen Partnern außerhalb und einer bestehenden IT-Landschaft innerhalb der Bundesagentur zu tun. Das ist enorm komplex. Und ein unterschiedliches Verständnis oder eine nicht passende Umsetzung geschiehen schneller als man denkt. Darüber wollten wir uns nicht ärgern, denn eines der zentralen Prinzipien in agilen Vorgehensweisen wie Scrum ist „reagieren auf Veränderung ist wichtiger als das Befolgen eines Plans“.

Das heißt aber nicht, dass wir planlos unterwegs waren. Die wichtigste Rolle für mich als Chief Product Ownerin war es, alle am Projekt Beteiligten auf Kurs zu halten. Dafür gab es Austauschformate, in denen wir neue Erkenntnisse diskutiert haben und die groben Ziele für die nächsten zwei Monate festgelegt haben.

Für mich als Product Ownerin eines der Entwicklungsteams war es wichtig, mich mit meinem Team in diesem Rahmen frei bewegen und Lösungsvorschläge einbringen zu können, die nicht dem Plan entsprachen. Durch die eingeübte agile Vorgehensweise waren wir in der Lage, einen nicht geplanten komplett neuen Service in nur zwei Monaten zu entwickeln.

Wir haben im Projekt acht Services entwickelt, mit einer technischen Infrastruktur und Automatisierung, die man sonst nur von den Internetgiganten kennt. Jede Funktionalität ist durch automatisiert laufende Tests abgesichert, so dass wir in der Lage waren, Veränderungen täglich in die Produktion zu bringen.

Uns wurde oft die Frage gestellt: Wieviel Prozent habt ihr fertig gestellt? Wie soll man das beantworten, wenn man nicht weiß, wie die Lösung am Ende genau aussehen wird? Da brauchte es schon ein dickes Fell und Beharrlichkeit, am eingeschlagenen Weg festzuhalten. Letztendlich konnten wir aber mit unserem Vorgehen und dem beständig in den Reviews aufgezeigten Fortschritt auch beim Management Vertrauen in die Software und die Entwicklungsteams aufbauen.

Die Bundesagentur hat sich große Ziele bei Digitalisierung und Automatisierung gesteckt. Daher besteht ein ehrliches Interesse an unseren Erfahrungen und oberes Management und Vorstandsmitglieder haben sich vor Ort über unser Vorgehen informiert, so auch die Vorstandsvorsitzende Andrea Nahles.


(Foto: privat)

Monika Krawczyk ist leitende Mitarbeiterin der Bundesagentur für Arbeit im Projekt EDA-BE in der Rolle Chief Product Ownerin.

(Foto: privat)

Felix Susenburger ist Berater bei der Xenium AG und im Projekt EDA-BE Product Owner in einem der drei Scrum Teams gewesen.

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