Sonntag, 5. Mai 2024

Statistik als Waffe gegen Fake News

Die Macht der Wissenschaft

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Bennet Klawon
Bennet Klawon
Bennet Klawon ist zuständig für den Bevölkerungs- und Katastrophenschutz. Manchmal richtet er bei Kochexperimenten selbst mittlere Katastrophen an.

Herzlichen Glückwunsch! Das Statistische Bundesamt (Destatis) leistet seit 75 Jahren seinen umfangreichen Dienst – Von A wie Außenhandel bis Z wie Zensus. 75 Jahre sind eine lange Zeit und natürlich gab es auf dem Weg auch Hürden zu überwinden. Doch gerade heut zu Tage ist die Arbeit von Destatis wichtiger als je zu vor.

Doch egal wie sich die Anforderungen und Bedarfe an statistische Daten gewandelt haben, so galt und gilt immer die Maßgabe, objektiv zu sein und Daten für eine faktenbasierte Politik zu liefern. Das Jubiläum des Bundesamtes zeigt auch die Herausforderungen, vor denen die Behörde in Wiesbaden, Bonn und Berlin steht.

„Wir sind gewissermaßen älter als die Bundesrepublik“, sagt der Vizepräsident des Statistischen Bundesamtes Christoph Unger mit einem Lachen. Der direkte Vorgänger des Amtes wurde 1948 mit dem Statistischen Amt des Vereinigten Wirtschaftsgebiets geschaffen. Erstmals sollte damit eine Grundlage erstellt werden, was überhaupt nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs noch vorhanden war. Diese Keimzelle in der amerikanischen Besatzungszone zur Bestandsaufnahme nahm in zunächst schwierigem Umfeld ihre Arbeit auf. Mit der Gründung der Bundesoberbehörde unter dem Namen Statistisches Bundesamt im Jahr 1950 begann der kontinuierliche Aufbau des Amtes. Verteilt auf über zwölf Standorten in Wiesbaden waren die Arbeitsbedingungen alles andere als optimal.

Kein Auftrag, keine Statistik

Freuen sich über das 75-jährige Jubiläum des Statistischen Bundesamtes: (v.l.n.r.) Vizepräsident Christoph Unger, Präsidentin Dr. Ruth Brand und Pressesprecher Florian Burg. (Foto: BS/Biskup-Klawon)

Ausgerüstet mit hauptsächlich Papier und Bleistift wuchs das Bundesamt schnell auf über 2.000 Mitarbeitende. „Statistik brauchte sehr viel Manpower“, erklärt Dr. Ruth Brand, Präsidentin des Statistischen Bundesamtes. Doch damals wie heute gilt: keine Statistik ohne Auftrag. Das Bundesamt erstelle nicht einfach aus Spaß Statistiken. Es brauche immer eine gesetzliche Grundlage, erklärt Brand. Diese Grundlage bildet seit 1953 das Bundesstatistikgesetz (BStatG), welches die Erstellung von Statistiken zu Bundeszwecken regelt. Es sollen nach BstatG laufend Daten zu Massenerscheinungen erhoben, aufbereitet und analysiert werden. Für diese Erhebungen gelten immer die Grundsätze der Neutralität, Objektivität und fachlichen Unabhängigkeit. Einflussnahmen aus der Politik habe es nach Wissen von Brand bisher auch nicht gegeben. Sie würde sich aber auch selbstbewusst jedem Versuch entgegenstellen, sagt die Präsidentin. Alle Stichtage für die Veröffentlichung von Statistiken unterliegen zudem einem Kalender, in dem genau geregelt ist, wann welche Zahlen veröffentlicht werden.

Das scharfe Schwert

Wie nötig diese Objektivität ist, wird mit Blick auf die nähere Vergangenheit klar. „Wir leben in Zeiten der sich überlappenden Krisen“, sagt Brand. Es werde nach Orientierung gesucht. Der Bedarf an verlässlichen Zahlen sei gestiegen, zeigt sie sich überzeugt. „Statistik ist ein scharfes Schwert gegen Desinformation“, so Brand weiter. Doch der geänderte Bedarf habe Auswirkungen auf die eigene Arbeit. Der zeitliche Druck sei höher. Zudem müssten die Statistiken anders kommuniziert werden. Diese geänderte Öffentlichkeitsarbeit schlägt sich in mehr Kommentierung, einem Open-Data-Ansatz und einer zielgruppenorientierten Ansprache durch die Nutzung von Social-Media-Kanälen nieder.

Man erprobe und setze auch auf neue Methodik, wie Machine-Learning oder Big-Data-Ansätze. „Diese Felder müssen wir erschließen, um neue Daten nutzen zu können“, sagt Brand. Deshalb hätten auch die Mitarbeitenden des Amtes einige Freiheiten, neue Dinge, wie z. B. experimentelle Daten, auszuprobieren. Dies sei auch für die Arbeitgeberattraktivität besonders wichtig, Freiräume zu schaffen. Ebenso könne auch das Megathema Künstliche Intelligenz (KI) eine Chance für die Klassifizierung und Qualitätssteigerung von Daten sein. Doch für die Auswertung durch KI zeigt sich Brand skeptisch, da die Validierung der Ergebnisse schwierig sei. Man sei aber dran, so Brand.

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