Samstag, 4. Mai 2024

Der Bildungsprotest

Gelehrt ist gelernt

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Das Bildungssystem

Die Unzufriedenheit mit dem Bildungssystem und der Bildungspolitik der letzten Jahre ist bei vielen Akteur*innen wie Eltern, Lehrer*innen, Gewerkschaften, Schüler*innen etc. allgegenwärtig und führt immer wieder zu Protesten, aber auch zu neuen Bündnissen bisher einzeln kämpfender Gruppen wie derzeit im Bündnis „Schule muss anders“. Die Gründe für die Proteste sind so vielfältig wie die Probleme, wie z.B. Personalmangel, enorme außerschulische Arbeitsbelastung der Lehrkräfte, schlechte Personalschlüssel, marode Infrastruktur, unzureichende Digitalisierung, mangelnde Elternmitwirkung, Unzufriedenheit mit den akademischen Inhalten, hoher Druck für alle Beteiligten bei immer schlechter werdenden Ergebnissen diverser Studien.

Die Bildungsforschung ist sich über das deutsche Bildungssystem einig: in Deutschland gibt es keine Chancengleichheit, weil der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungschancen noch zu groß ist und sich weiter verschlimmert. Ein niedriges Bildungsniveau der Eltern, elterliche Arbeitslosigkeit und ein Armutsrisiko im Haushalt stellen drei Risikolagen für den Bildungserfolg dar, denen einige Bevölkerungsgruppen besonders ausgesetzt sind.

Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund – die wir vertreten – sind stark betroffen – 48% von ihnen wachsen mit Risiken auf, im Vergleich zu nur 16% der Kinder ohne Migrationshintergrund.

Die Praxis der Regierung (z.B. geplante Kindergrundsicherung, Startchancenprogramm)  und die öffentlichen Diskussionen zeigen, dass der Zusammenhang von sozialer Herkunft – Armut – Bildungserfolg nicht richtig verstanden oder ignoriert wird. Außerdem wird die migrationsbedingte Vielfalt in den Schulen von einigen Bildungsakteur*innen wie dem Lehrerverband mit plumpen nationalistischen Phantasien belegt und die Schuld am Bildungsmisserfolg wird einfach auf die benachteiligten Kinder und deren Eltern verlagert.

Schule muss anders!

„Schule muss anders“ ist eine bundesweite Initiative, die von engagierten Eltern, Schüler*innen, Studierenden, Erzieher*innen, Gewerkschaften, Bildungsinstitutionen und Bildungsengagierten ins Leben gerufen wurde, um die Öffentlichkeit, Politiker*innen sowie Bildungseinrichtungen für die verheerenden Zustände im Bildungssystem zu sensibilisieren und Veränderungen zu fordern.

Der Bundesprotesttag ist einzigartig in seiner Form, da am 23.09.2023 in jedem der 16 Bundesländer Aktionen, wie Kundgebungen, Workshops, Diskussionsrunden u.v.m. stattfinden werden. Neben bundesweiten Vernetzungstreffen, die regelmäßig stattfinden, treffen sich die engagierten Akteur*innen seit April 2023 auch in bundeslandspezifischen Gruppen, um regionale Protestaktionen vorzubereiten.

Elternmitwirkung an Gremien

Eltern können in Deutschland durch ihre Mitentscheidungsrechte in den Elternvertretungsgremien in Kitas und Schulen an dem Bildungserfolg ihrer Kinder mitwirken. Jedoch können viele Eltern mit Einwanderungsgeschichte dieses gesetzliche Recht nicht ausüben. Die Wege zu den Elterngremien sind für viele nicht geebnet, die Zugangsbarrieren sind groß. Manchmal ist es die fehlende Kenntnis über das deutsche Bildungssystem und die Erwartungen, die an die Eltern gestellt werden. Zum Teil gar die Information, dass sie Partizipationsmöglichkeiten haben. Das bbt hat sich zum Ziel gesetzt, Eltern mit Einwanderungsgeschichte über diese Themen zu informieren und sie zur aktiven Teilnahme zu mobilisieren. Sehr wichtig ist es dabei auch, die Elternvertretungsgremien anzusprechen und sie über die mangelnde Vertretung migrantischer Eltern in ihren Gremien zu sensibilisieren und sie zur interkulturellen Öffnung anzuregen, denn wirkliche Teilhabe ist nur durch Mitsprache und Mitbestimmung möglich.

Die Forderungen:

  • Eine zeitgemäße und zukunftsorientierte Bildungspolitik
  • Sondervermögen Bildung in Höhe von mindestens 100 Milliarden Euro für die ausreichende Finanzierung für die notwendigen Investitionen im Bereich Kita und Schule
  • Jährlich sollen 10 Prozent des Bruttoinlandprodukts für Bildung und Forschung bereitgestellt werden, so wie es im Jahr 2008 beim Dresdner Bildungsgipfel vereinbart wurde.
  • Eine Ausbildungsoffensive für Lehrer*innen und Erzieher*innen, um dem bundesweiten Lehrkräftemangel entgegenzuwirken. Dabei betonen wir als Interessensvertretung von Migrantenselbstorganisationen ganz besonders die derzeitige prekäre Ausgangslage von Anerkennungen von ausländischen Schulabschlüssen, die den kurzen Weg in den Schuldienst für viele Lehrkräfte mit Migrationsgeschichte massiv erschweren.
  • Diskriminierungskritische und schüler*innenorientierte Überarbeitung von Lehrplänen, um die ganzheitliche Entwicklung von Schüler*innen zu fördern.
  • Nachhaltige Schulentwicklung mit der Integration multiprofessioneller Teams in allen Schulen
  • Ein echter Bildungsgipfel in Absprache mit den Regierungschef*innen der Länder, sowie Vertreter*innen aus Bildungspraxis und Zivilgesellschaft, um die derzeitige Bildungskrise und mögliche Auswege zu diskutieren.

Autor*innen:
Ciara Demmer, Projektmitarbeiterin im Projekt KEBiK
Dr. Cagri Kahveci, Projektleiter des Projektes KEBiK
Dr. Zeynep Sezgin Radandt, Projektleiterin des Projektes PartEl
Anja Treichel, Geschäftsführerin

Zur Website des bbt: Startseite – Bundeselternnetzwerk

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