Freitag, 26. April 2024

Stromtanken auf der Arbeit

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Matthias Lorenz
Matthias Lorenz
Matthias Lorenz schreibt sowohl Texte für den Online-Bereich als auch für die Zeitung. Privat ist er Hobby-Tennisspieler und begeisterter Handball-Fan.

Spätestens mit Beschluss des Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetz im Mai diesen Jahres ist klar: Bei der Fahrzeugbeschaffung müssen öffentliche Auftraggeber auf saubere und lokal emissionsfreie Antriebe setzen. Das Gesetz schreibt hierzu bestimmte Quoten vor. Eine große Rolle werden hier zweifelsohne batteriegetriebene Elektrofahrzeuge spielen. Für den eigenen Fuhrpark müssen Kommunen die Ladeinfrastruktur aufbauen, beispielsweise bei Verwaltungsgebäuden oder auf Betriebshöfen. Doch sollten Kommunen darüber hinaus auch Lademöglichkeiten für die Fahrzeuge ihrer Mitarbeiter*innen zur Verfügung stellen?

Diese Frage ist mit Hinblick auf das gesamtgesellschaftliche Ziel, Treibhausgasemissionen auch im Verkehrssektor massiv zu reduzieren, durchaus relevant. Schließlich sollen möglichst viele Menschen zum Umstieg auf saubere Antriebe überzeugt werden. Beim batteriegetriebenen E-Auto ist es nun entscheidend, dass ausreichend Lademöglichkeiten bestehen. Zu wissen, dass man sein Auto auf dem Mitarbeiterparkplatz seines öffentlichen Arbeitgebers laden kann, könnte also dazu beitragen, dass sich Angestellte für die Nutzung eines solchen Fahrzeugs entscheiden.

Hannover baut Ladepunkte für Angestellte auf

In der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover führt man ein Projekt durch, in dessen Rahmen die Stadt an 40 Dienststellen mindestens 200 Ladepunkte für den eigenen Fuhrpark und die Autos der Mitarbeiter*innen aufbauen will. Standortbeispiele sind Betriebshöfe und Feuerwachen, aber auch Verwaltungsstandorte. “Das Ziel ist die Förderung der E-Mobilität. Darüber hinaus wollen wir auch, dass die Stadtverwaltung weiterhin als attraktive Arbeitgeberin gilt. Schließlich hat nicht jeder die Möglichkeit, zuhause zu laden”, erklärte Inge Schottkowski-Bähre vom Fachbereich Umwelt und Stadtgrün der Landeshauptstadt auf der vom Behörden Spiegel veranstalteten Webkonferenz “Neue Mobilität”. Damit die städtischen Mitarbeiter*innen diese Möglichkeit tatsächlich auch ausnutzen, komme es beispielsweise darauf an, das Laden auch finanziell attraktiv möglich zu machen. “Ansonsten werden sich die Zielpersonen an anderer Stelle eine günstiger Lademöglichkeit suchen.”

Laut Schottkowski-Bähre sei es zunächst die Idee gewesen, den Angestellten das Laden kostenlos zu ermöglichen. Hier sei man aber auf zu viel Widerstand gestoßen, man bewege sich schnell im Bereich von Begünstigungen und geldwerten Vorteilen. Ebenfalls verwarf man in der niedersächsischen Landeshauptstadt die Idee eines an feste Mitarbeiterparkplätze gekoppelten Flatrate-Modells. “Das hätte uns nicht weitergebracht”, sagt Schottkowski-Bähre, weil man möglichst vielen Mitarbeiter*innen das Laden ermöglichen wolle. Deswegen habe man sich für eine verbrauchsgenaue Abrechnung entschieden.

Einige Herausforderungen

Wie Schottkowski-Bähre weiter berichtet, habe die Stadt bei dem Projekt mit verschiedenen Herausforderungen zu tun. So müsse man sicherstellen, dass die Liegenschaften nicht überfordert würden. Ziel sei es momentan, je Fuhrparkstandort zwei Ladepunkte für Mitarbeiter*innen einzurichten. “Wir bauen die Infrastruktur nur an Standorten mit Fuhrparkfahrzeugen auf, um Synergien ausnutzen zu können”, so Schottkowski-Bähre. Allerdings wisse man noch nicht, wie sich der Bedarf entwickeln werde. Deswegen müsse man über Erweiterungsmöglichkeiten nachdenken.

Darüber hinaus gebe es unterschiedliche Anforderungen an die Ladeinfrastruktur, erläutert Schottkowski-Bähre. So müssten elektrische Einsatzfahrzeuge wie die der Feuerwehr rund um die Uhr einsatzbereit sein. Dagegen könne man Fuhrparkfahrzeuge batterieschonend laden, da diese über Nacht nicht führen und auch der Akku nicht nach jedem Tag leer sei. Mitarbeiterfahrzeuge wiederum müssten beim Arbeitgeber während der Arbeitszeit geladen werden. Um möglichst vielen Mitarbeiter*innen eine Lademöglichkeit zu geben, gelte es hier, die Auslastung zu steigern. Hier gehe es unter anderem darum, ein Reservierungsmodell für Ladezeiten einzuführen.

Mess- und Eichrecht muss beachtet werden

Bei Projekten dieser Art stellen sich immer auch rechtliche Fragen. Wie Rechtsanwältin Dr. Katharina Vera Boesche, Leitung Fachgruppe Regulierung und Regulierungsökonomie beim ITK für Elektromobilität II, verdeutlicht, müssen bei der Bereitstellung von Ladeinfrastruktur meist die Vorschriften des Mess- und Eichrechts beachtet werden. “Dieses Recht muss immer dann angewendet werden, wenn es zu einer Abrechnung kommt”, so Boesche. So werde sichergestellt, dass die auf der Ladesäule angezeigte abgegebene Energie auch tatsächlich im Fahrzeug angelange. Dies solle für die Verbraucher unkompliziert nachvollziehbar sein. Eine Ausnahme bestünde lediglich, wenn allen Mitarbeiter*innen ein spezieller Ladepunkt zugewiesen sei, also ein Eins-zu-Eins-Nutzungsverhältnis zustande komme. Gemäß Preisangabenverordnung habe die Abrechnung zwingend nach Kilowattstunden (kWh) zu erfolgen. Neben diesem Grundtarif könne man aber noch andere Gebühren, wie eine Infrastrukturnutzungsgebühr oder einen Zeittarif erheben.

Laut Boesche müssten sich Kommunen darüber hinaus darauf einstellen, mit dem Betrieb von Ladesäulen für Fuhrpark und Mitarbeiter*innen zum Betrieb gewerblicher Art zu werden, weil der Ladesäulenbetrieb nicht überwiegend der Ausübung hoheitlicher Aufgaben diene. Keine Rolle gespielt habe im konkreten Fall der Stadt Hannover dagegen die Ladesäulenverordnung (LSV). Dies liege daran, dass die Ladesäulen auf den Fuhr- und Mitarbeiterparkplätzen nicht als öffentlich zugängliche Ladepunkte gelten würden, da sie sich auf privatem Grund befänden, erklärt Boesche. Somit stünden sie nicht jedermann, sondern lediglich einem ausgewählten Nutzerkreis zur Verfügung.

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